Euro Hawk im Untersuchungsausschuss: Die Industrie ist bockig
War Euro Hawk massive Geldverschwendung? Die Industrie steht weiterhin zu ihrer Aufklärungsdrohne. Den Stopp des Programms findet sie nicht nachvollziehbar.
BERLIN dpa | Im scharfen Gegensatz zur Einschätzung der Fachpolitiker hat die Industrie den Stopp des Drohnen-Programms „Euro Hawk“ als unnötig kritisiert. Der Chef der EADS-Rüstungssparte Cassidian, Bernhard Gerwert, nannte die Entscheidung gegen eine serienmäßige Beschaffung der Aufklärungsdrohne am Montag im Untersuchungsausschuss des Bundestags nicht nachvollziehbar. Cassidian stellt die Aufklärungstechnik „Isis“ für die Drohne.
Eine Weiterverwendung in einem anderen Flugzeug, wie sie vom Verteidigungsministerium angestrebt wird, hält Gerwert noch nicht für gesichert. „Ob alternative Träger dazu genutzt werden können, kann ich zumindest heute nicht sagen.“
Gerwert kritisierte auch das Verhalten des Verteidigungsministeriums gegenüber der Industrie beim Abbruch des Projekts. „Ich habe das aus der Zeitung erfahren“, sagte er. Das sei „schon etwas Besonderes“. Seiner Darstellung zufolge hat es vor der Entscheidung auch keinen Versuch des Ministeriums gegeben, das Projekt in Gesprächen mit den Herstellern zu retten. „Es gab kein einziges Verhandlungsgespräch zwischen mir und den Staatssekretären zu dieser Problematik.“
Das Verteidigungsministerium hatte sich gegen eine serienmäßige Beschaffung des „Euro Hawks“ entschieden, nachdem bereits 668 Millionen Euro in die Entwicklung geflossen waren. Grund waren massive Probleme bei der Zulassung für den deutschen Luftraum und eine erwartete Kostensteigerung von 500 bis 600 Millionen Euro.
Gerwert hält diese Schätzung für überzogen. „Ich kann die Zahl 500 bis 600 (Millionen) nicht nachvollziehen. Ich kann die Zahl 200 (Millionen) nachvollziehen.“ Auf etwa 200 Millionen schätzt das US-Partnerunternehmen Northrop Grumman die Mehrkosten für die Erstellung von Zertifikaten, die für eine Zulassung notwendig sind.
Suche nach Alternativen
Northrop Grumman stellt den unbemannten Flieger her, der im Original ohne die „Isis“-Technik „Global Hawk“ heißt. Am Montag sollte auch der für unbemannte Systeme zuständige Vizepräsident des Unternehmens, Janis Pamiljans, den Abgeordneten Rede und Antwort stehen.
Das Verteidigungsministerium lässt derzeit prüfen, in welches andere Flugzeug die Aufklärungstechnik „Isis“ eingebaut werden kann. Im Gespräch sind die israelische Drohne „Heron TP“, der Airbus A319 von EADS und eine Drohne mit dem Namen „Future European MALE (FEMALE)“, die derzeit noch von EADS entwickelt wird. Gerwert favorisiert weiter den „Euro Hawk“ und glaubt, dass man sich über eine Lösung der Zulassungsprobleme einig werden könnte. „Ich persönlich würde alles dran setzen, um weiterhin einen „Global Hawk“ als Plattform zu haben, weil das ist wahrscheinlich die beste Alternative.“
Gerwert wies darauf hin, dass die noch in der Entwicklung befindliche „FEMALE“-Drohne über einen längeren Zeitraum noch gar nicht verfügbar sein werde. „FEMALE ist zumindest kein verfügbares System in den nächsten sieben Jahren“, sagte er. Auch „Heron TP“ kommt nach seinen Worten als Trägersystem nicht infrage. „Heron TP kann das „Isis“-System, wie es heute entwickelt und gebaut ist, nicht tragen.“
Leser*innenkommentare
mdarge
Das was Bernhard Gerwert sagt klingt plausibel. Wenn zehn Jahre Entwicklungszeit 668 Millionen Euro gekostet haben, kann ein simples Zertifikat nicht das gleiche kosten. Möglicherweise sind Beschäftigte des Ministeriums mit geldwertem Vorteil davon überzeugt worden, dass eine andere Plattform die bessere sei. Schließlich sind wir Europäer selbstbewusst und nicht auf amerikanisches Material angewiesen. Auch der A400M hat sich seinen Konkurrenten als überlegen gezeigt. Je mehr Projekte parallel entwickelt werden, desto besser. Es gilt die Welt zu erobern.
mdarge
Wieso sollte die Industrie auch aussteigen? Sie hat doch bislang daran gut verdient. Der Steuerzahler will eben gemolken sein.
Müllabfuhr
Gast
Klebt 'nen dicken grünen Punkt drauf und schickt den Müll wieder zurück nach drüben.