Regierungskrise in Taiwan: Rücktritt nach nur 6 Tagen im Amt
Der allererste zivile Verteidigungsminister tritt nach Plagiatsvorwürfen zurück. Das bringt die Regierung der Kuomintang in Bedrängnis.
BERLIN taz | Nur sechs Tage hat der erste zivile Verteidigungsminister der Republik China amtiert, wie die nur von wenigen Staaten anerkannte Inselrepublik Taiwan offiziell heißt. Andrew Yang reagierte mit seinem Rücktritt am Dienstagabend auf Plagiatsvorwürfe eines Oppositionspolitikers.
Dieser hatte dem früheren Politikdozenten und Sicherheitsexperten vorgeworfen, dass er einen Fachartikel über Chinas Volksbefreiungsarmee von einem Ghostwriter hatte schreiben lassen, der von einem ungenannten Zeitschriftenartikel aus der Volksrepublik abschrieb.
„Das ist mein Fehler, und ich entschuldige mich,“ sagte der 58-jährige Yang vor der Presse. Als sein Nachfolger wurde am Mittwoch der Luftwaffengeneral und Generalstabschef Yen Ming genannt.
Yang war erst am 1. August ernannt worden. Sein Vorgänger war Ende Juli nach anhaltenden Massenprotesten zurückgetreten. Er hatte damit die Verantwortung für den Tod eines Rekruten übernommen, der drei Tage vor Ende seiner Dienstzeit durch Schikanen seiner Vorgesetzten gestorben war.
Proteste gegen Schikanen im Militär
Der 24-Jährige hatte trotz Verbots ein Kamerahandy in seine Kaserne mitgenommen. Seine Vorgesetzten sperrten ihn darauf tagelang in eine Einzelzelle. Schließlich hatte er es schon zuvor gewagt, sich über Schikanen zu beschweren. Jetzt wurde ihm noch Wasser verwehrt, als er bei heißem Wetter Strafübungen machen musste. Darauf bekam er einen Hitzschlag und starb.
An dem Tod des Rekruten entzündete sich eine landesweite Protestbewegung gegen Schikanen beim Militär und letztlich gegen die konservative und chinafreundliche Regierung von Präsident Ma Ying-jeou. Nicht nur Taiwans einjährige Wehrpflicht ist unbeliebt, auch Mas in Korruptionsaffären verwickelte Partei Kuomintang verliert den Draht zur jüngeren Generation.
Präsident Ma Ying-jeou verspricht Untersuchung
Die Zufriedenheit mit Mas Amtsführung ist in Umfragen auf den bisherigen Tiefpunkt von nur noch 13 Prozent gesunken. Es half nicht, dass Ma sich für den Todesfall öffentlich entschuldigte, zur Beerdigung fuhr und eine Untersuchung versprach.
Inzwischen wird gegen 18 Offiziere ermittelt. Trotzdem demonstrierten am vergangenen Wochenende landsweit mehr als 200.000 Taiwaner gegen Militär und Regierung.
Die Ernennung von Yang sollte Mas Befreiungsschlag werdenn. Yang traf sich sogleich mit Demonstranten und verbeugte sich sogar vor ihnen, obwohl sie ihn mit Gegenständen bewarfen. Er sollte das ganze Militär reformieren und die Wehrpflichttruppe in eine Berufsarmee verwandeln. Die Truppenstärke sollte um mehr als ein Fünftel schrumpfen, um Mittel für neue Waffensysteme freizusetzen.
Die Regierung in Peking droht Taiwan, dies es als abtrünnige Provinz ansieht, im Falle einer Unabhängigkeitserklärung offen mit Krieg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!