SPORTPLATZ: Showtime mit dem Smartphone
BASKETBALL Der ASV Moabit kämpft um den Aufstieg in die erste Liga: Sportlich wäre er möglich, finanziell leider nicht
Der junge Mann sitzt allein auf einem Hocker in der Ecke der Halle. Bei der ersten Auszeit heißt es für ihn Showtime. Er zückt sein Smartphone, das an einen Verstärker angeschlossen ist, und beschallt die Halle mit Musik. Das muss als Unterhaltungsprogramm für die rund 250 Zuschauer an diesem Sonnabend reichen. Der Eintritt ist frei. So will der ASV Moabit zumindest für das Spitzenspiel gegen Chemnitz in der 2. Damenbasketball-Bundesliga Nord eine ordentliche Kulisse schaffen.
In eigener Halle, einem schmucklosen Klotz zwischen Penny Markt und Plattenbauten, gewannen die Berlinerinnen in dieser Saison bisher sämtliche Spiele. Doch mit Tabellenführer Chemcats Chemnitz ist ein anderes Kaliber zu Gast. Die Cats haben in dieser Spielzeit noch keine einzige Partie verloren und sind der absolute Favorit für den Aufstieg. Im Gegensatz zu Berlin könnte Chemnitz den Gang in die 1. Liga auch finanziell stemmen. Sie haben potente Sponsoren, einen sechsstelligen Etat und teuer eingekaufte ausländische Spielerinnen. Moabit hingegen hat hochtalentierte junge Basketballerinnen aus Berlin, die meist noch zur Schule gehen. Sportlich trennt beide Teams ein Tabellenplatz, wirtschaftlich liegen Welten zwischen ihnen.
Moabit startet hervorragend ins Spiel. Die Berlinerinnen verteidigen sehr gut und ziehen vorn aggressiv zum Korb. Doch dann brechen sie ein. Am Ende verwandeln sie nur einen einzigen Dreier aus 16 Versuchen. Die Chemnitzer Offensive kommt dagegen immer besser ins Rollen. So kommt es, dass die Gastgeberinnen zur Halbzeit mit 26:37 zurückliegen.
In der Pause hat Roman Goldau, Vorstandsvorsitzender des ASV, Zeit für ein Gespräch: Während des Spiels ist er als Kampfrichter eingebunden, nach der Begegnung muss er die Halle mitaufräumen. Der 33-Jährige sagt, er habe einige tausend Euro aus eigener Tasche in den Verein gesteckt. „Mit Frauenbasketball lässt sich in Deutschland kaum Geld verdienen. Unser Verein ist eigentlich nur durch privates Engagement möglich.“
Engagement auch für den Bezirk Moabit. Der ASV veranstaltet Basketball-Turniere für Jugendliche, fährt mit ihnen auf Pferdekoppeln in Brandenburg und geht mit ihnen ins Museum. Als Nächstes wolle man eine „Hausaufgabenbörse“ einrichten. „Wir wollen einen Raum in unserer Halle zum Klassenzimmer umbauen. Da können unsere jüngeren Spieler in Ruhe lernen. Ein pensionierter Lehrer unterstützt sie dabei ehrenamtlich.“
Aufstieg? Unmöglich, sagt Goldau. Anfang März ist die Bewerbungsfrist für eine Erstliga-Lizenz abgelaufen. Dafür müssten finanzielle Ressourcen, also Sponsoren, vorgewiesen werden. Die hat Moabit nicht. Sollten sie tatsächlich die Play-Offs gewinnen, sind sie nur auf dem Papier Aufsteiger. Ein anderes, wirtschaftlich stabileres Team, würde stattdessen aufrücken. Ein Dilemma. Denn es wäre leichter, Sponsoren zu finden, wenn sie in der 1. Liga spielen würden, was sie sich ohne Sponsoren aber nicht leisten können.
Davon lassen sich die Berliner Spielerinnen nicht beirren. Im dritten Viertel finden sie ihren Rhythmus wieder und kämpfen sich auf fünf Punkte heran (38:43). Doch letztlich sind die Chemnitzerinnen zu abgebrüht, Ende des dritten Viertels ziehen sie auf 15 Punkte davon und verteidigen den Vorsprung bis zum Schluss. DMITRIJ KAPITELMAN
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