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Moschee-Bau in KölnErdogans Kitsch

Das muslimische Gotteshaus sollte längst fertig sein, doch die Bauarbeiten ruhen. Der Journalist Günter Wallraff macht den türkischer Premier verantwortlich.

Außen hui, innen Stillstand. Bild: dpa

KÖLN taz | Es soll, Bürogebäude und Basar mit einberechnet, der größte Moschee-Komplex Deutschlands werden. Als Ende 2009 in Köln die Arbeiten begannen, wuchsen die Kuppel und die zwei 55 Meter hohen Minarette schnell empor. Doch dann überwarf sich der Bauherr mit dem Architekten Paul Böhm und dem Bauunternehmen Nuha über eine Reihe von Baumängeln. Ein Gericht gab dem Verband recht.

Seit dem Sommer leitet ein Mitglied des Ditib-Vorstands das Bauprojekt. Bauliche Fortschritte sind seitdem von außen nicht erkennbar, auf der Baustelle herrscht weitgehend Ruhe. Die ursprünglich für 2012 geplante Eröffnung wurde immer wieder verschoben und soll nun frühestens im nächsten Jahr stattfinden.

Vom Ditib-Verband war bisher keine Stellungnahme zu bekommen. „Die bisher gesetzten Terminziele wurden nicht eingehalten“, heißt es auf seiner Internetseite nur knapp. Daher habe man „die entsprechenden personellen und strukturellen Anpassungen vollzogen, um in großen Schritten auf die baldige Gesamteröffnung hinzuarbeiten“.

Ein prominenter Anwohner, der Publizist Günter Wallraff, macht nun den türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan für die Verzögerung verantwortlich. Seit etlicher Zeit versuche der Ditib-Verband „eine rückwärtsgewandte Verkitschung des Innenausbaus“ durchzusetzen, meint Wallraff und führt das auf Erdogans Politik zurück, die „von einer zunehmend einschüchternden Islamisierung geprägt“ sei. Tatsächlich untersteht der türkisch-islamische Dachverband Ditib der türkischen Regierung.

„Ich wünsche mir, dass es so, wie der Architekt es konzipiert hat, bald fertiggestellt wird und nicht am Ende eine Bauruine stehen bleibt“, sagte der Enthüllungssjournalist am Montag der Agentur dpa. „Was daraus in späteren Generationen einmal wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Vielleicht kann es dann mal als Museum oder als Begegnungsstätte genutzt werden“, sagte Wallraff.

„Grundsätzlich müssen wir alle etwas Geduld haben“, mahnt dagegen Fritz Schramma. Der ehemalige CDU-Oberbürgermeister von Köln, der Mitglied des Moschee-Beirats ist, geht regelmäßig über die Baustelle. „Es gibt doch zumindest kleinere Fortschritte“, hat er festgestellt.

Auch Josef Wirges, der SPD-Bezirksbürgermeister von Köln-Ehrenfeld, sieht das ähnlich: „Diese zähe baurechtliche Geschichte, diese ärgerliche Diskussion um Baumängel – das dauert seine Zeit. Aber das Problem ist lösbar, und irgendwann wird man da einen Silberstreif am Horizont sehen und einen Haken hinter machen“, so Wirges.

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10 Kommentare

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  • R
    Ruhender

    Jetzt stimmt auch noch Wallraff in den Chor der Antiislamisten ein. Wird Zeit, sich zur Ruhe zu setzen, Günter, wenn Du Dich jetzt schon auf rechten Populismus zurückziehst, um noch irgendwie wahrgenommen zu werden.

     

    Hier handelt es sich um die in D mittlerweile üblichen Probleme bei Großprojekten: Eine Melange aus Baumafia, politischem Opportunismus, Korruption, Vorteilsnahme, Geldwäsche, Murks, Vetternwirtschaft und Inkompetenz. Ob S21, BER, Elbphilharmonie, Kölner Moschee - überall dasselbe. Was bitte soll ein türkischer Premier daran ändern, wenn die deutsche Politik nichts daran ändert?

  • U
    Ursula

    Den wirklichen Skandal thematiert der Autor leider nicht:

    Dass der DITIB in unserem Land auf Erdogans Geheiss schalten udn walten kann wie er will.

    Kein Vertreter dieser Organisation sollte von Deutschland als Ansprechpartnber azeptiert werden. solange türkischstämmige Zuwander sich immer noch vom DITIB vertreten fühlen, wird es nichts mit der Integration.

    Die DITIB-Leute sollte hier als persona non grata behandelt werden.

    • B
      Balduin
      @Ursula:

      Rassistische Phrasen bringen uns nicht weiter.

  • I
    Integration

    Was habt ihr alle? Ist doch ein Zeichen von gelungener Integration. Sie nehmen sich eben ein Beispiel am Berliner Flughafen.

  • Vielleicht hätten Sie und der restliche faschistoide Mob den sogennaten Nazis damals mal zuhören sollen. Da wurde versucht über genau diese Probleme (DITIB gesteuert durch AKP, Politische Komponente neben der Spirituellen im Islam, etc ) zu reden und zu vröffentlichen.

     

    Doch diese wurden und werden als vermeintliche Nazis tituliert, ohne dass auch nur einer aus dem Mob der sog. Antifaschisten wusste, warum er denn diese Leute als Nazis titulierte. DAS ist wahrer Faschismus. Blinder Gehorsam war aber schon immer eine Stärke in diesem Land.

  • Wenn da nicht die ganzen Nazis demonstriert hätten, dann hätte man eine Debatte über das Türkische Antiintegrationsministerium führen können.

  • Vielleicht steckt ja doch nicht Erdogan dahinter, vielleicht will die Kölner Ditib einfach keine Moschee, die zumindest von außen so aussieht, wie ein stillgelegtes Atomkraftwerk.

    • A
      Ahmed
      @Perdita Durango:

      Die Ditib hat keinen Willen außer dem des großen Führers. Und der sitzt in Ankara. Köln mag da weit weg sein, aber dafür entsendet man ja leute zur Kontrolle.

  • H
    HenryX

    So ist das eben, wenn Unterschicht sich beim Geschmack mitmischen darf: Blingbling! Man setzt eben mehr auf offensichtliche und oberflächliche Statussymbole, die das bereits Erreichte präsentieren sollen.

     

    Jetzt gibts eben per Dekret blitzende Kitschkronleuchter und blinkende Ornamente. Hauptsache man siehts. Habe das schon bei einem kleineren Moscheebau im Rhein-Neckar Gebiet beobachtet: Der Architekt (btw Türke&Moslem) hat ein richtig interessantes Gebäude entworfen und nachdem die Bauherren darüber waren sahs aus wie ein Laufhaus mit grünen Lichtern.. Schade um die langfristige Aussagekraft als Monument, aber so ist es nunmal.

     

    Interessant finde ich Wallraffs Kommentar zu möglichen zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten. Sehr bissig, aber ich tippe eher auf Limburg 2..

     

    Last but not least erinnert mich die Änderungsarie ein bisschen an Wowis Flughafenorgie. Ob die Moschee am Ende auch 5 Mrd braucht ohne fertig zu werden? Könnte Mehdorn helfen?;p

  • C
    CGN

    Die Einschätzung Wallraf´s habe ich bereits von offenen liberale Türken in meinem Freundeskreis vernommen. Dies war für sie auch der Grund nicht für dieses Projekt zu spenden. Dieser Bau ist ein Politikum und nicht in erster Linien ein Mehrwert zur Entstehung einer hier lebenden liberalen und der westlichen Kultur gegenüber offenen islamischen Gemeinde. Schade!