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Nach NS-Raubkunstfund in MünchenKritik vom jüdischen Weltkongress

Der Fund von 1.400 verschollenen Kunstwerken hat weltweit für Aufsehen gesorgt – und für Verärgerung. Die Bundesregierung will die Besitzansprüche nun fix klären.

Unter den Werken: zwei bislang unbekannte Arbeiten von Otto Dix. Bild: reuters

BERLIN epd | Rund eine Woche nach Bekanntwerden des spektakulären Münchner Kunstfundes hat die Bundesregierung angekündigt, die Besitzverhältnisse der Werke schnell zu klären. „Die Herkunftsrecherche muss nun zügig vorangehen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Es gehe dabei darum, die berechtigten Interessen einer internationalen Öffentlichkeit und möglicherweise geschädigter Personen mit einem laufenden zivilrechtlichen Verfahren in Einklang zu bringen. Zuvor hatte der Jüdische Weltkongress eine rasche Aufklärung angemahnt und die deutschen Behörden kritisiert.

Laut Seibert gab es bereits am vergangenen Freitag erste Gespräche zwischen Vertretern der Bundesregierung, der bayerischen Staatskanzlei und der ermittelnden Staatsanwaltschaft. Der Regierungssprecher zeigte Verständnis für die Kritik jüdischer Organisationen: „Es ist verständlich, dass die Menschen wissen wollen, ist da Kunst darunter, die meinen Eltern unter Zwang abgenommen wurden“, sagte Seibert.

Gerade bei den beschlagnahmten Werken, bei denen es bereits Hinweise gebe, dass sie möglicherweise im Rahmen der NS-Verfolgung den rechtmäßigen Besitzern entzogen worden seien, setze sich die Bundesregierung für die Veröffentlichung von Informationen ein.

Seibert reagierte damit auch auf Kritik des Jüdischen Weltkongresses. „Es ist wertvolle Zeit vergeudet worden“, schrieb der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, in einem Gastbeitrag für die Welt. Der Präsident mahnte zur Eile bei der Aufklärung. „Weder die möglichen Anspruchsberechtigten noch etwaige Zeugen im Rückgabeverfahren werden jünger.“

Fundus veröffentlichen

Lauder forderte die Bundesregierung auf, den gesamten Fundus ins Internet zu stellen. „Die deutsche Regierung muss diese Bilder sichtbar machen.“ Wenn nichts geschehe, werde der Jüdische Weltkongress, den Druck erhöhen. Es gehe nicht um eine moralische Frage, sondern um Recht und Unrecht. „Eigentum wurde gestohlen. Und das muss an die rechtmäßigen Eigentümer zurück“, fügte Lauder hinzu. Es möge keine böse Absicht der Staatsanwaltschaft vorliegen, aber in der Konsequenz heiße das: „Unrecht wird nicht beseitigt, sondern fortgeführt, solange keine Klarheit über die Eigentümer geschaffen wird.“

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass bereits 2012 in der Wohnung des Sohnes des in den 50er Jahren verstorbenen Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt rund 1.400 Kunstwerke beschlagnahmt wurden. Darunter sind Meisterwerke von Picasso, Matisse, Chagall oder Otto Dix.

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5 Kommentare

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  • A
    ama.dablam

    Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. §§ 1006, 1007 BGB i.V.m. §§ 195, 199 (1) und (4) BGB und die Sache ist erledigt. So stehts jedenfalls in meinem Staudinger.

     

    Und sollte jemand tatsächlich sein Eigentum nachweisen können, dann sind die dreißig Jahre des § 197 BGB auch längst vorbei.

  • upps !!! Irgendwatt in diesem Artikel- der wohl `informativ wohlgemeint´ ist... stimmt nicht !

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    Denn: " Entartete" Kunst .. (also `freie und experimentelle´ MODERNE KUNST).. die der Ideologie des deutschen Nazi-Terrors nicht genehm war..

    ...wurde primär nicht von jüdischen Künstlern erschaffen.. und war primär nicht im Besitz jüdischer Familien !

    Klar ist nur: Es gab im `Dritten Reich´ eine Vielzahl von Künstlern diverser religiös- familiärer Herkunft, die sich- im Geiste säkulärer Moderné - dem künstlerischen Schaffen widmeten...

    Aber? `jüdische Kunst´ ist tiefreligiöse Kunst und hat nichts mit der Idee der Kunst der säkulären Moderné zu tun !

    Oder liege ich etwa falsch?

    • S
      Sabine
      @vergessene Liebe:

      Jüdische Kunst ist genau wie christliche Kunst entweder sakral oder weltlich. Da die genannten Stücke in Museen und Sammlungen hingen, werden es weltliche Werke sein.

  • S
    Sabine

    Bevor die Aufregung bei den Linken hochkocht: Der Verbleib der Kunstschätze kann bis dato nicht geklärt werden, weil es rechtliche Ungeneuigkeiten und keine Gesetzesvorlagen darüber gibt, wem nun diese Kunstschätze gehören. Abwarten und klären lassen ist das beste Rezept, auch wenn Herr Graumann sich vielleicht wieder aufregt.

  • NS
    Na sowas

    Wo Beute in Sicht ist, sind die Hyänen nicht weit.