Schweizer Banken fordern Selbstanzeige: Absage an Steuersünder
Schweizer Banken fordern ihre deutschen Kunden auf, Selbstanzeige zu erstatten. Dafür sorgen der Kauf von Steuer-CDs und Druck aus den USA.
BERLIN taz | Das Schweizer Bankgeheimnis – und damit das Modell, dem Rest der Welt als Steueroase zu dienen – hat riesige Risse bekommen. Deshalb signalisieren die dortigen Finanzinstitute seit einiger Zeit ihren steuerflüchtigen Kunden: Euch wollen wir nicht mehr.
Mit dieser sogenannten Weißgeld-Strategie scheinen die großen Banken wie Credit Suisse und UBS nun Ernst zu machen. Derzeit gehen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung zahlreiche Briefe, manchmal auch Telefonanrufe an deutsche Kontoinhaber, in denen sie aufgefordert werden, bis Mitte oder Ende Dezember gegenüber den Finanzbehörden reinen Tisch zu machen.
Für die deutschen Kunden bedeutet das: Sie müssen Selbstanzeige erstatten. Die haben den bizarren Effekt, dass die Steuerhinterzieher so jeglicher Strafe entgehen – jedenfalls wenn sie es geschickter als Bayern-Präsident Uli Hoeneß anstellen. Die Anzeige muss vollständig alle hinterzogenen Gelder auflisten, und sie muss rechtzeitig erfolgen. Wenn die Steuerfahnder ohnehin schon von dem Fall wissen, dann rettet einen die Selbstanzeige nicht mehr.
Genau darin besteht nun auch das Druckmittel der Schweizer Banken gegenüber unwilligen ausländischen Kunden. Wenn sie sich nicht selbst bei den Steuerbehörden melden, dann könnten es die Banken tun. Und dann käme es zu Strafverfahren mit vermutlich saftigen Nachzahlungen.
200 Milliarden Euro
Lange rechtfertigten die Schweizer Banken ihre Angebote für die Schwarzgeldanlage mit der Begründung, dass sie ja die – in Steuerfragen äußerst großzügigen – Schweizer Gesetze einhielten. Doch dieses Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr, seit die USA 2009 begannen, das Schweizer Bankgeheimnis zu knacken.
Damals erzählte ein ehemaliger UBS-Manager den US-Behörden haarklein, wie sein Exarbeitgeber US-Bürgern bei der Steuerflucht half. Um einer offiziellen Anklage zu entgehen, zahlte die UBS daraufhin nicht nur 780 Millionen US-Dollar, sondern gab Datensätze von Tausenden Kunden an US-Behörden heraus. Gegen rund ein Dutzend Schweizer Banken wurde anschließend in den USA ermittelt.
Deutsche Bankkunden sollen laut Schätzung einer Schweizer Finanzfirma aus dem Jahr 2010 mehr als 200 Milliarden Euro in der Schweiz angelegt haben, wovon nur ein Drittel legal versteuert wird. Hierzulande machten die Steuerfahnder den Schweizer Banken insbesondere dadurch Kunden abspenstig, dass sie CDs mit Kundendaten aufkauften. Eine Welle von Selbstanzeigen folgte. Ein geplantes deutsch-schweizerisches Abkommen, das den Steuerflüchtlingen Anonymität garantiert hätte, scheiterte im Bundesrat.
Hinzu kommt, dass die Anlage in der Schweiz längst nicht mehr steuerfrei ist: Auf Zinserträge von EU-Bürgern wird eine Quellensteuer von 35 Prozent erhoben.
In einer Vereinbarung vom vergangenen August sicherte die Bundesregierung den Schweizer Banken ab dem kommenden Jahr nun einen einfacheren Zugang zum deutschen Markt zu. Für legale Geschäfte.
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