Bankgeheimnis in der EU: Der Reiz der Schweiz
Die EU schafft das Bankgeheimnis für Ausländer ab. Österreich und Luxemburg haben ihren Widerstand gegen den Datenaustausch von Zinserträgen aufgegeben.
BRÜSSEL afp | Die Europäische Union schafft das Bankgeheimnis für Ausländer ab. Nach langem Widerstand stimmten Luxemburg und Österreich am Donnerstag auf dem EU-Gipfel in Brüssel als letzte Mitgliedstaaten dem umfassenden Informationsaustausch über Zinserträge in der EU zu. „Das ist unverzichtbar, damit die Mitgliedstaaten besser gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung durchgreifen können“, begrüßte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Entscheidung.
Die EU verschärft damit entscheidend den Kampf gegen Steuerbetrüger. Künftig tauschen die Steuerbehörden aller 28 Mitgliedstaaten untereinander Informationen über Einkommen aller Art von EU-Ausländern aus. Das deutsche Finanzamt erhält also automatisch Daten über Einkünfte, die ein Deutscher mit einem Konto in einem anderen EU-Land erzielt. Die Verschärfung der bisher in der EU gültigen Regeln bedeutet damit praktisch das Ende des Bankgeheimnisses für Ausländer.
Den EU-Staaten geht nach Angaben aus Brüssel jedes Jahr durch Steuerhinterziehung eine Billion Euro verloren. Auf internationaler Ebene setzt sich im Kampf gegen Steuerhinterziehung der automatische Informationsaustausch immer weiter als Standard durch.
Eigentlich hätte die umfassende Weitergabe von Informationen für alle Arten von Einkommen in der EU schon bis Ende des vergangenen Jahres beschlossene Sache sein sollen. Luxemburg und Österreich wehrten sich trotz Drucks der anderen Mitgliedstaaten aber lange dagegen, ihr Bankgeheimnis entscheidend zu lockern.
Transparente Bankenplätze
Sie wollten den strengeren Regeln erst zustimmen, wenn die EU Verhandlungen mit den Nicht-EU-Ländern Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino über ähnliche Vereinbarungen zur Weitergabe von Steuerdaten abgeschlossen hat. Österreich und Luxemburg locken Ausländer mit niedrigen Steuersätzen und wollten ihr Bankgeheimnis schützen, da sie sonst Nachteile im Wettbewerb mit den anderen europäischen Finanzplätzen fürchten.
Die EU-Kommission wurde laut Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel nun auf dem EU-Gipfel beauftragt, die Verhandlungen mit der Schweiz und den vier weiteren Steuerparadiesen bis zum Jahresende abzuschließen. Andernfalls muss die EU-Kommission demnach Vorschläge machen, wie der internationalen Standard auch durch die fünf Nicht-EU-Staaten eingehalten wird.
Dies sei ihm eine ausreichende Garantie, den Widerstand Luxemburgs gegen eine Annahme der neuen EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie „in den kommenden Wochen“ aufzugeben, sagte Bettel. „Luxemburg wird zu einem transparenten Bankenplatz“, versprach er.
„Die heutige Entscheidung ist ein bedeutender Schritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung“, begrüßte die EU-Expertin der Hilfsorganisation Oxfam, Natalia Alonso, den Durchbruch. Die EU-Staaten hätten nun ein Instrument, innerhalb der EU hinterzogenem Steuergeld nachzuspüren und dies für ihre öffentlichen Dienste oder zur Unterstützung armer Länder auszugeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen