Mitglieder sollen Doppelspitze küren: Dreikampf um grüne Spitze
Drei Grüne wollen ihre Partei in den Wahlkampf 2015 führen, höchstens zwei werden es dürfen. Das Spitzenduo soll durch einen Mitgliederentscheid gekürt werden.
Ein Dreikampf um die Spitzenkandidatur für die nächste Bürgerschaftswahl in 13 Monaten steht Hamburgs Grünen bevor. Die Parteivorsitzende Katharina Fegebank, Fraktionschef Jens Kerstan und der ehemalige Justizsenator Till Steffen streben auf die Plätze an der Sonne. Davon aber wird es höchstens zwei geben: Kampfkandidaturen und mindestens ein Verlierer werden die Folge sein.
Die 36-jährige Fegebank bestätigt jetzt offiziell, was die taz bereits Ende September ankündigte: „Ich bewerbe mich um Platz eins der Landesliste für die Bürgerschaftswahl“, sagte sie am Sonntag im Gespräch mit der taz. Kerstan und Steffen erklärten auf Anfrage ebenfalls, dass sie antreten werden. Da Platz eins nach grünen Regeln für eine Frau reserviert ist, werden die beiden langjährigen Abgeordneten um den zweiten Platz streiten müssen.
Dem aber kommt dieses Mal eine besondere Bedeutung zu. Am kommenden Sonntag entscheidet eine Landesmitgliederversammlung (LMV) über einen Antrag, erstmals mit einem Spitzenduo in den Wahlkampf zu ziehen und dieses in einer Urwahl von der Basis bestimmen zu lassen.
Eine solche Mitgliederbefragung sei „eine Stärkung der innerparteilichen Demokratie“ und würde die Gewählten durch eine erhöhte Abstimmungsbeteiligung stärker legitimieren, heißt es in dem Antrag. Zu Wahlen auf LMVs kommt in der Regel mit höchstens etwa 300 Grünen kaum ein Fünftel der Mitglieder. Durch eine Urwahl mit Versendung der Wahlunterlagen an alle Mitglieder dürfte sich die Beteiligung deutlich erhöhen. Grüne Parteistrategen hoffen auf mehr als 50 Prozent Abstimmungsbeteiligung.
Einer Mitglieder-Abstimmung vorausgehen soll eine „Road-Show“. Auf mindestens drei Veranstaltungen vor der Basis in den Bezirken sollen die KandidatInnen für das Spitzenteam sich und ihre Ideen präsentieren. „Das schärft ihr Profil und das Profil der Grünen insgesamt“, glaubt der stellvertretende Landesvorsitzende Manuel Sarrazin. Zudem gibt es die Hoffnung, den Bekanntheitsgrad des grünen Personals zu steigern, denn eine ausführliche Berichterstattung in den Medien über das grüne Casting wird selbstredend mit einkalkuliert.
Große inhaltliche Differenzen zwischen Fegebank, Kerstan und Steffen sind nicht zu erkennen. Alle drei wollen bei der Wahl am 22. Februar 2015 die absolute Mehrheit der SPD brechen, alle drei lehnen eine Koalitionsaussage ebenso ab wie eine „Ausschließeritis“, alle drei wollen wieder regieren. Damit kommen „aus heutiger Sicht“, so die einhellige Meinung, im Grundsatz alle denkbaren Bündnisse in Frage, die rechnerisch möglich seien: Rot-Grün, Rot-Rot-Grün, Schwarz-Grün, Ampel oder auch Jamaika. „Das grüne Profil“, beteuern die drei unisono, „muss klar sein.“
Die Grünen sind mit weitem Abstand hinter SPD und CDU drittgrößte Partei in Hamburg, knapp vor Linken, FDP und Piraten.
Mitglieder: Am 1. Januar 2014 wurden 1.615 Mitglieder gezählt, ein Jahr zuvor waren es 1.592.
Wahlen: Anders als SPD, CDU und FDP kennen die Hamburger Grünen kein Delegiertenprinzip: Alle Mitglieder können an den Parteitagen teilnehmen, die deshalb auch Landesmitgliederversammlungen heißen. Ähnlich handhaben es auch die Landesverbände von Links- und Piratenpartei.
Kosten: Für die Urwahl fallen nach Angaben von Landesschatzmeister Michael Gwosdz Kosten von etwa 4.000 Euro an für Druck und Versand der Unterlagen sowie die Auszählung der Stimmen. Die Road-Show wird mit weiteren 4.000 Euro veranschlagt, hinzu kommen 3.000 Euro für Personal.
Sollte die LMV am Sonntag das Urwahl-Verfahren billigen, dürfen sich bis zum 8. Juni noch weitere KandidatInnen bewerben. Die Road-Show würde dann nach den Sommerferien stattfinden, daran anschließend die Urwahl. Sollte es aber nur zwei BewerberInnen für das Spitzenduo geben, würde die Wahl wie bisher auf einer LMV durchgeführt werden. Es gibt aber bereits drei und nach grüner Tradition ist mit weiteren Kandidaturen zu rechnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung