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Doppelpass bei EinwandererkindernDas Gesetz lässt auf sich warten

Die Bundesregierung soll die „Optionspflicht“ für Jugendliche aussetzen, fordern die Grünen. Hamburg hat das schon getan. Andere Länder zögern.

Grüne demonstrieren im November vor der CDU-Zentrale für die doppelte Staatsbürgerschaft. Bild: dpa

BERLIN taz | In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD und Union beschlossen, dass Jugendliche sich nicht mehr bis zu ihrem 23. Lebensjahr zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern entscheiden müssen, wenn sie bis dahin mit zwei Staatsbürgerschaften aufgewachsen sind. Diese sogenannte „Optionspflicht“ wurde 1999 eingeführt und betraf eine ganze Generation von Einwandererkindern.

Eine generelle Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für alle scheiterte zwar an der Union. Bundeskanzlerin Merkel nannte die Entscheidung, zumindest allen nach 1990 geborenen Jugendlichen künftig zwei Pässe zu gewähren, trotzdem ein „klares Signal: Wir wollen diese jungen Menschen. Sie sind ein Teil unserer Gesellschaft.“

Doch so klar ist die Sache noch immer nicht. Denn bis ein neues Gesetz verabschiedet ist, kann es noch dauern. So lange stehen viele Einwandererkinder weiter vor der schwierigen Wahl – und wer es versäumt, sich rechtzeitig zu entscheiden, dem droht weiterhin automatisch der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft. Bis zu 250 jungen Leuten sei es im vergangenen Jahr schon so ergangen, vermutet der Grünen-Politiker Özcan Mutlu, etwa jeden dritten Tag kam es 2013 zu einer Ausbürgerung: „Das muss endlich aufhören.“

Die Grünen bringen deshalb am Donnerstag einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag ein. Er sieht vor, dass die Optionspflicht durch die Innenminister der Länder faktisch ausgesetzt wird. Wer seine deutsche Staatsbürgerschaft bereits verloren hat, soll sie durch eine einfache Erklärung wiedererlangen können. Das Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft betrifft vor allem junge Deutschtürken, weil bei EU-Bürgern und vielen anderen Ausländern eine Ausnahme gemacht wird.

Spielräume ausgeschöpft

Als erstes Bundesland hat Hamburg schon im Dezember verkündet, es werde die Optionspflicht aussetzen. „Ab sofort wird niemandem mehr die Staatsbürgerschaft aberkannt“, tönte SPD-Innensenator Michael Neumann (SPD). „Ich begrüße den Vorstoß aus dem Bundesland Hamburg, keine solche Entscheidung mehr vor der anstehenden Gesetzesreform zu treffen“, sagt dazu die neue Staatsministerin für Migration und SPD-Vizechefin Aydan Özoguz, die zufällig auch Neumanns Ehefrau ist. „Es kann nicht sein, dass wir junge Deutsche ausbürgern, obwohl wir bereits eine Einigung darüber haben, diese unsinnige Praxis abzuschaffen“, sagte sie der taz.

Andere Bundesländer sind da aber noch vorsichtig. Man könne die Optionspflicht nicht einfach aussetzten, „da es sich beim Staatsangehörigkeitsgesetz um ein Bundesgesetz handelt“, heißt es etwa aus dem SPD-geführten Innenministerium in Hannover.

Um die Sache zu beschleunigen will Baden-Württemberg – zusammen mit anderen Ländern – einen Gesetzesantrag in den Bundesrat einbringen. Bis dahin sollen hier, wie auch in Nordrhein-Westfalen, alle Anträge von Jugendlichen, die ihre beiden Staatsangehörigkeiten nicht aufgeben wollen, liegen bleiben.

„Wir schöpfen unsere Spielräume aus“, sagte eine Sprecherin des SPD-Innenministers Ralf Jäger in Düsseldorf der taz. Dass jemand, der den Stichtag versäumt, seinen deutschen Pass verliert, lässt sich aber weiterhin nicht verhindern.

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9 Kommentare

 / 
  • IS
    Ich suche Antworten

    Kann ich zu gleichen Zeit Mitglied der SPD und der CDU sein?

    Kann ich zwei Herren dienen, im Krieg?

    Ist es möglich in einer Firma zu arbeiten und gleichzeitig bei der Konkurenzfirma angestellt zu sein?

  • G
    gast

    Es sollte generell wesentlich einfacher werden "Deutsche/r" zu werden, wenn z.B. jemand mit einem Ausländer verheiratet ist und der bereits den unbegrenzten Aufenthalt hat.

     

    Aber die Bürokratie ist emmens und läßt bei uns einfach nichts zu und kostet viel Geld.

  • SO
    Sven Opitz

    Wann hört unsere Türken feindliche Politik endlich auf? Außerhalb der EU gewähren wir den Bürgern von 50 weiteren Staaten die doppelte Staatsbürgerschaft. Warum nicht den Jahrzehnten hier lebenden türkischen Mitbürgern? Das ist Doppelmoral !!!

  • HB
    Harald B.

    Der Dopppelpass ist ein Hindernis für Integration. wer hier lebt, sollte sich klar entscheiden- in anderen Ländern ist man nach der 3. Generation bereits assimiliert.

  • A
    Ausländer

    die doppelte Staatsangehörigkeit ist eigentlich schon bei 95% Länder üblich. Deutschland mit seinen Verboten ist wie alte Montosawr, der über seine braune Vorgangenheit noch kämpft.

  • M
    Matjas

    "Wer seine deutsche Staatsbürgerschaft bereits verloren hat, soll sie durch eine einfache Erklärung wiedererlangen können."

    „Ab sofort wird niemandem mehr die Staatsbürgerschaft aberkannt“

     

    Unglaublich, wie linke und grüne Politiker hier mit einem staatsbürgerlichen Gut herumschachern, als sei man auf dem Jahrmarkt, wo die Bananen im Schlußverkauf unters Volk geschmissen werden.

    Besondere familiäre Situationen mal ausgelassen- wo ist das Problem, sich einfach für oder gegen eine deutsche Staatsbürgerschaft zu entscheiden?

    Manche Familie mit türkischen Wurzeln lebt mittlerweile in vierter oder fünfter Generation hier.

    Die Jungen sprechen kein Wort der Sprache ihrer Altvorderen und haben deren altes Land noch nie gesehen, also wie lange soll dieses Spielchen mit zwei Staatsbürgerschaften eigentlich noch getrieben werden?

    Und warum sagt man nicht endlich, worum es SPD und Grünen mit dieser Politik vor allem geht?

    Die Erschließung neuen, dankbaren Wahlvolks aus der türkischen Community scheint mir der Hauptgrund für dieses irrationale Vorantreiben der bedingungs- und forderungslosen doppelten Staatsbürgerschaft zu sein.

    • G1
      Gast 1
      @Matjas:

      das Problem ist, dass niemand staatenlos sein darf außer er verzichtet auf seine Staatsangehörigkeit bewusst. Dies ist Völkerrecht.

       

      Bei Annahme der deutschen "Staatsangehörigkeit" wird man quasi staatenlos, da "deutsch" kein Staat ist.

      Die doppelte Staatsangehörigkeit trägt dem völkerrechtlich Rechenschaft. Ein Bürger kann BRDler sein und trotzdem eine Staatsbürgerschaft haben (nicht türkisch sondern TÜRKEI)

  • W
    Wieso?

    Die Grünen haben es vor der Wahl gefordert. Dann 8,5%bekommen. Warum soll man nun tun was sie sagen?

    • @Wieso?:

      Ein denkbarer Grund: Weil CDU und CSU die einzigen sind, die es nicht wollen. Und damit haben sie weder im Moment noch auf Dauer eine Mehrheit.