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Streit bei den Berlinern GrünenNur ein kurzes Aufflackern

Nach seiner Abwahldrohung gegen Fraktionschefin Pop will Dirk Behrendt zur Sacharbeit zurückkehren. Dennoch ist die Lage prekär wie bei der Beinahe-Spaltung.

Dirk Behrendt und die Bezirksbürgermeisterin von Kreuzberg, Monika Herrmann (beide Grüne) bei einer Diskussion. Bild: dpa

Der Kreuzberger Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt will seine Kritik an Fraktionschefin Ramona Pop nicht fortsetzen und hält eine weitere Zusammenarbeit für möglich. „Was gesagt ist, ist gesagt, und nun geht es wieder um Sachfragen“, sagte Behrendt am Mittwoch der taz. Er hatte Pop zuvor wegen Äußerungen zur besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule scharf kritisiert und indirekt mit Abwahl gedroht. Er ließ offen, ob er im Herbst bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands kandidiert.

Pop hatte in einem Interview geäußert, die Menschen in der Ende 2012 von vormaligen Oranienplatz-Besetzern bezogenen Exschule dürften nicht sich selbst überlassen werden, der Bezirk habe eine Verantwortung. Behrendt bezeichnete das daraufhin als „unerbetene Ratschläge aus der dritten Reihe“. Gegenüber der taz fügte er hinzu, Pop werde „bald in der letzten Reihe sitzen“, wenn sie so weitermache. Pop mochte das nicht kommentieren, der Landesvorsitzende Daniel Wesener mahnte in der Fraktion Geschlossenheit an, gerade in einer Frage wie dem Umgang mit den Flüchtlingen, bei der der Senat gespalten ist.

Dieser Disput ist der schärfste seit dem über Monate währenden fraktionsinternen Konflikt nach der Abgeordnetenhauswahl 2011. Damals hatte Behrendt zusammen mit anderen Abgeordneten aus Friedrichshain-Kreuzberg den Ausgang der Fraktionsvorstandswahl nicht akzeptieren wollen, bei der er dem wiedergewählten langjährigen Vorsitzenden Volker Ratzmann unterlegen war.

Behrendt und seine Mitstreiter sahen den linken Parteiflügel ausgegrenzt, weil sowohl Ratzmann als auch Pop dem Realo-Flügel der Partei angehören. Er drohte damals mit einem eigenständigen Auftreten des linken Fraktionsflügels, was einer Abspaltung gleichgekommen wäre. Ein Mediationsverfahren begann, Ratzmann trat entnervt zurück. Pop führte die Fraktion vorerst allein, erst Monate später trat die Kreuzberger Abgeordnete Antje Kapek als Ko-Chefin an ihre Seite. Bei einem Parteitag Anfang 2012 leisteten sowohl Ratzmann als auch Behrendt Abbitte. „Ich möchte mich entschuldigen bei denen, denen ich Wunden geschlagen habe“, sagte Behrendt damals.

Trotz dieser Vorgeschichte hält auch der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Benedikt Lux, den Konflikt um das Pop-Interview für ausgestanden. „Das war ein kurzes Aufflackern, aber nun ist alles wieder gut“, sagte Lux der taz. „Wir haben alle ein dickes Fell, und uns eint das Anliegen, den Menschen am Oranienplatz und in der Schule zu helfen und gegen die schlechte Politik des rot-schwarzen Senats anzugehen.“

Die Neuwahl des Fraktionsvorstands steht im Herbst an. Zu eigenen Ambitionen sagte Behrendt nun: „Das steht zurzeit überhaupt nicht zur Debatte.“

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8 Kommentare

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  • Wenn Frau Pop so ehrgeizig und motiviert ist, dann könnte sie doch ein sehr interessantes Thema (ein Ökothema und Volksthema zugleich) auf BUNDESEBENE sich zu Eigen machen. Schließlich hat sie dort Ihre Zuständigkeit. Das wäre genau im Sinne einer Volkspartei.

     

    Das Europäische Parlament hat uns stark dafür kritisiert, dass in Bezug auf Energiewende, einige Unternehmen in Deutschland finanziell bevorzugt werden. Das sind aber nicht allein die Interessen von Unternehmen und deren Besitzer, die berücksichtigt werden müssten. Eine Volkspartei könnte daraus ein Thema machen, wo das Volk bzw. Menschen noch sozialer behandelt werden könnten.

     

    Angenommen das stimmt, es werden einige Unternehmen gegenüber allen anderen bevorzugt. Was ist aber mit den einzelnen Menschen. Wenn es Unternehmen gibt, die EEG-Steuer, also Kosten der Energiewende, nicht bezahlen müssen, dann könnte man vorschlagen, dass sozial schwache Bevölkerungsgruppen am Einkommen gemessen (viele Rentner, Studenten, alleinerziehende Frauen, arbeitslose Menschen, Aufstocker und Wenigverdiener usw. also Menschen mit einem Haushaltseinkommen unter 1400 Euro, netto) entweder teilweise oder gänzlich von der Zahlung der EEG-Steuer im Strompreis befreit werden. Zum Beispiel Vattenfall würde dabei bestimmt mitmachen wollen. Schließlich wäre es zum Wolle der Allgemeinheit in unserem Land, wo Sozialstaatprinzip über den Interessen aller Unternehmen und deren Besitzer steht.

     

    Fazit: Ökothema ist es, wenn die Umwelt geschont werden kann; und Volksthema ist es, wenn zusätzlich zum Umweltschutz, auch einzelne Menschen (in dem Fall für soziale Gerechtigkeit) die Vorteile, die mit der Energiewende einhergehen könnten, an sich deutlicher spüren dürften.

    Dieses Thema würde auf bundesweite Einführung der StromsSOZIALtarife hinauslaufen, wo es Handlungsbedarf besteht.

  • Was sind eigentlich die Werte einer Volkspartei? Das Hauptziel, insbesondere einer Volkspartei, ist es, für das Wohl der Menschen zu sorgen, wie auch die Nähe zum Volk aufrecht zu erhalten und zu stärken.

     

    Bei der kürzlich vorangegangenen Diskussion in der Partei, direkt nach der letzten Bundestagswahl, über eine mögliche Neuausrichtung, wurden vorschnell Schlüsse gezogen. Sich auf Ökothemen zu beschränken, wäre falsch. Die Nähe zum Volk, zu einzelnen Menschen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen ist der richtige Weg.

  • Bewundernswert ist es, dass Herr Dirk Behrendt Menschen, die uns auf grobe Fehler der Ausländerbehörde in der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit hingewiesen haben:

     

    http://www.taz.de/Behoerdenwillkuer-in-Brandenburg/!128275/

     

    http://www.taz.de/Auslaenderbehoerde-zeigt-Haerte/!126621/

     

    und selber Hilfe brauchen, in Schutz nimmt. Jetzt können wir selber dafür sorgen, dass so etwas nie wieder geschieht. Würde das Europäische Parlament, UNO oder das Europäische Gerichtshof für Menschen auf diesen „Fehlern“ basierende Beschwerden bekommen, wäre das ein Skandal.

     

    Solche Politiker, wie Frau Herrmann und Herr Behrendt braucht unser Land besonders!

  • Es gibt interne Diskussionen und kritische Auseinandersetzungen, die zum politischen Alltag dazu gehören. Kritische Äußerungen muss man ertragen können und die akzeptieren, so kann man als Politiker sich nur verbessern.

  • K
    Kimme

    Soviel zu der demokratischen Diskussionskultur bei den Grünen.

    Herr Behrendt hat sich mit seinem Verhalten eigentlich als untragbar für eine demokratische Partei erwiesen.

     

    1.Er akzeptiert demokratisch gewählte Vertreter nicht.

     

    2.Er droht jedem dem seine Position nicht passt. Von Diskussion und konstruktiver Auseinandersetzung keine Spur.

     

    Liebe Grüne, macht euch doch bitte wieder wählbar und trennt euch von solchen Leuten. Ich würde ich euch gerne wieder als Alternative auf dem Wahlzettel wiedersehen.

  • A
    Anna

    Hi, ich möchte mich beschweren! Ich fühle mich im Lokalbereich Berlin der taz online oft wohl. Ihr habt abwechslungsreiche Themen, die Werbung nervt nicht so wie bei Spiegel Online, kluge Leute kommententieren bei euch. Ich vertraue euch als Medium, dass ihr mich gut über Geschehen in Berlin informiert.

     

    Für mich ist das Schreiben von Kommentaren eine Art, mich aktiv mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Die prägen sich bei mir sonst schlecht ein, sodass es sogar nicht dazu reicht, dass ich Bekannten davon erzähle ("Wusstet! ihr! dass! ... wie das mit, nachdenken, das mit dem abgestürtzen Dachdecker!). Längst vergessen, denke ich höchstens episodisch in genau den thematischen Situationen wieder dran (wenn ich an einem Dachdecker auf einem Dach vorbeigehe).

     

    Wenn ihr dann so einen Kommentarbereich wie unter dem zu Vorfall auf dem Bahnhof Hermannplatz ohne Begründung schließt, würgt ihr meine Lust auf Kommentieren ab. Wenn ihr nicht etwas alternativ Spannendes an aktuellem Geschehen neu bringt. Über der Hermannplatz-Geschichte lese ich eine Jahresvorschau, Griebnitzsee ist aktuell ja doch nichts Weltbewegendes passiert, Grünen-Text hier oben über Absichtserklärungen, toll, Ex-Studi-Rückgeld ist mir egal und eure Interviews lese ich nicht, da ihr euch nie kritisch von der grassierenden Verfälschung von stattgefundenen Interviews durch Autorisierungshandel distanziertet. Beschwerde fertig!

    • @Anna:

      Hallo Anna,

      danke für Deinen Kommentar. Hier nur eine kurze Erklärung: Wir schließen nur in wirklich seltenen Fällen die Kommentare. Zum Beispiel dann, wenn sich eine Diskussion länger im Kreise dreht, die Fronten verhärtet sind und viele Kommentare beleidigend sind.

       

      Es gibt übrigens einen weiterführenden Artikel zum Hermannplatz: http://taz.de/Polizeieinsatz-gegen-Fluechtlinge-in-Berlin/!131451/

      • A
        Anna
        @Moderation:

        Schönen Dank für die Rückmeldung. Ok, ich poste später bei dem verlinkten Artikel das, was ich posten wollte. Passt eben nicht ganz, da ich die Diskussion um das Schimpfwort "Affe" versachlichen wollte, indem ich die Duden-Definition anbringe. In dem weiterführenden Artikel, hatte ich bei meiner Auflistung vergessen, geht es ja um Filmrechte bei dem Vorfall.

         

        Diskussion, die sich im Kreis dreht. Auch ok, verstehe ich. Darauf achte ich beim Durchsehen der Kommentare nicht besonders. Ich scanne, ob mich ein Gedanke/ein Argument interessiert, dann mache ich mir darüber Gedanken und poste, wenn ich etwas mitteilen möchte.