Finanztransaktionsteuer in Europa: „Tausend Tode“ sind zu sterben
Die Finanztransaktionsteuer soll Geld einbringen und die Spekulation eindämmen. Aber gegen die Bankenlobby kommt sie nicht voran.
BRÜSSEL taz | Deutschland und Frankreich wollen die Finanztransaktionsteuer vor dem drohenden Aus retten. Bis zu den Europawahlen Ende Mai solle ein Vorschlag auf dem Tisch liegen, sagte der französische Finanzminister Pierre Moscovici am Dienstag in Brüssel.
Ähnlich äußerte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Beide hoffen auf Rückenwind ihrer Chefs, die sich heute in Paris zu einem deutsch-französischen Ministerrat treffen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef François Hollande wollen mit einer ganzen Reihe von Initiativen die eingerostete deutsch-französische „Achse“ wiederbeleben. Dazu gehört auch die FTT, die Financial Transaction Tax. Für die französischen Sozialisten ist sie ein Muss, und Merkel hat sich im Koalitionsvertrag mit der SPD darauf festgelegt, dass sie Finanzgeschäfte besteuern will. Doch beide kämpfen mit der Bankenlobby, die immer neue Hürden erfindet.
Mal heißt es, eine Finanzsteuer würde den Bankenstandort gefährden. Dann verweisen die Lobbyisten auf mögliche negative Folgen für den Handel mit Staatsanleihen, mit denen sich die Euroländer Geld auf den Finanzmärkten beschaffen. Außerdem wirft die City of London, wo die meisten Finanzgeschäfte abgewickelt werden, Sand ins Getriebe. Deshalb kann die Steuer nicht in allen EU-Ländern, sondern nur von elf Freiwilligen eingeführt werden – wenn überhaupt.
Viele Streitpunkte
Denn selbst diese Elf sind sich untereinander nicht einig. Ungeklärt ist etwa, welche Finanzprodukte besteuert werden sollen. Zudem muss vereinbart werden, ob die Abgabe nach dem Standort der an einem Handel Beteiligten oder dem Sitz des ausgebenden Finanzinstituts erhoben werden soll.
Schäuble schlug angesichts der Probleme beim Eurofinanzministertreffen am Montag vor, die Steuer „Schritt für Schritt“ einzuführen. Die Frage ist jedoch: Wer macht den ersten Schritt? Die Finanzminister haben sie nicht beantwortet.
Die Briten spotten bereits über die „Zombie-Steuer“, die „tausend Tode“ sterbe und wohl nie funktionieren werde. Dabei könnten die klammen EU-Staaten die Einnahmen gut gebrauchen: Die FTT würde nach offiziellen EU-Schätzungen etwa 34 Milliarden Euro pro Jahr einbringen, davon allein 12 Milliarden in Deutschland.
Leser*innenkommentare
774 (Profil gelöscht)
Gast
34 Milliarden Euro, die den Banken weniger im Jahr zum Spekulieren zur Verfügung stehen. Daraus könnte man wahrscheinlich das Zehnfache bei Derivatgeschäften herausholen. Den Hals vollkriegen, werden die nie.
1714 (Profil gelöscht)
Gast
Wie heisst es doch im GG? Alle Macht geht von den Banken aus! Oder wie??
Tim Leuther
Die Einnahmen einer Steuer die zum Ziel hat Ihre Besteuerungsgrundlage zu reduzieren, was Sie wird, kann man nicht errechnen indem man den Steuersatz mit der Gegenwärtigen Besteuerungsgrundlage Multipliziert.
Genau das passiert hier.
ralf
Gast
Warum wurde hier ein Fake-FDP-Fähnchen als Bild gezeigt? Die FDP selbst kommt im Artikel gar nicht vor und es ist so gut wie gar nicht zu erkennen, dass das Fähnchen gar nicht von der FDP ist. Ist das nicht sehr unfaire Meinungsmache gegen die Liberalen?
redlin
Gast
@ralf Was für Liberale, Sie meinen wohl die Libertären?