Neue Gen-Patente für Monsanto: „Biopiraterie in großem Maßstab“
Der US-Saatgutkonzern Monsanto sichert sich den alleinigen Zugriff auf Soja-Genabschnitte. Kritiker fürchten eine weitere Weltmarkt-Monopolisierung.
BERLIN taz | Das Europäische Patentamt hat Monsanto ein Patent erteilt, das dem Saatgutkonzern alleinigen Zugriff auf Gensegmente von über 250 Sojapflanzen sichern könnte. Eigentlich betrifft das exklusive Nutzungsrecht lediglich ein Verfahren, die Abschnitte der Gene zu finden. Aber nur wer diese Technik nutzen darf, kann auch die Gensegmente nutzen.
„Dieses Patent ist nichts anderes als Biopiraterie in großem Maßstab“, sagt deshalb Ruth Tippe vom Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“. „Monsanto versucht, die Kontrolle über die Anpassung von Nutzpflanzen an den Klimawandel zu bekommen.“ Der Streit über das Patent entzündet sich an der Frage, ob das Patentamt das Schutzrecht überhaupt erteilen durfte. Laut Artikel 53 des Europäischen Patentübereinkommens sind keine Patente auf Pflanzensorten, Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren erlaubt.
Das jetzt erteilte Patent bezieht sich aber auf eine Methode der biologischen Züchtung. Das Europäische Parlament forderte 2012 in einer Resolution, dass die Behörde diese Regel einhält. In den Koalitionsverträgen der jetzigen und schon der letzten Bundesregierung haben sich die Parteien zu diesem Grundsatz ausdrücklich bekannt. „Keine Patente auf Saatgut!“ wirft dem Patentamt vor, es würde die Beschlüsse des Europaparlaments schlicht ignorieren. Nach Angaben der Organisation gibt es schon über 100 Patente auf Pflanzen, die durch natürliche Zucht entstanden sind. Bei gentechnisch veränderten Pflanzen seien es sogar über 2.000.
Rainer Osterwalder, Sprecher des Europäischen Patentamts, weist die Vorwürfe zurück: „Das besagte Patent für Monsanto steht nicht in Konflikt mit dem Europäischen Patentübereinkommen.“ Ob die mit dem Verfahren entstehenden neuen Sorten auch unter Patentschutz stehen, sei noch nicht geklärt und hänge davon ab, wie die Rechtsprechung dazu ausfalle, sagt er. „Ob aber das Patent später durch ein Gericht in Deutschland oder einem anderen Mitgliedsland für ungültig erklärt wird, spielt bei der Vergabe durch das Europäische Patentamt keine Rolle“, sagt Osterwalder.
Monopolisierung des Saatgutmarktes
„Gewicht bekommt das Patent vor allem durch die von über 250 Pflanzen stammenden Genvarianten, die patentiert werden“, erklärt dagegen Christoph Then vom Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“. Er befürchtet, dass durch die Patente die Monopolisierung des Saatgutmarktes fortschreitet. Bereits jetzt verfügten Monsanto und sein Konkurrent Syngenta gemeinsam über mehr als die Hälfte der Tomaten-, Blumenkohl- und Paprikasorten.
Auch Michael Lohse vom Deutschen Bauernverband ist gegen die Patentierung von Leben. „Forschung braucht auch Freiheit. In der Zucht muss herumprobiert werden, kleinere Unternehmen haben aber nicht genug Geld, um die ganzen Patente zu kaufen“, erklärt er. Die Forschung übernähmen dann Großkonzerne, die sich weder so gut in der Region auskännten noch für so viel Vielfalt sorgen könnten. Monsanto äußerte sich auf Anfrage der taz nicht zu dem Patent.
Leser*innenkommentare
Mistgabel
Gast
„Das besagte Patent für Monsanto steht nicht in Konflikt mit dem Europäischen Patentübereinkommen.“
Mag sein. Es steht aber in diametralem Konflikt zu jeglichem, immerhin nun schon tausende Jährchen altersweisen Menschenverstand.
Applaus für Contras Beiträge übrigens.
Bin erstaunt und echt froh, daß die üblichen Biotech-Ag(g)ro-Business-Bezahltrolle mit ihren sonst dutzendfachen "Was habt ihr denn, ich fress seit Jahren nur GM-Patent-Kartoffeln und mir und den hungernden Kindern in Afrika geht's besser denn je"-Kommentaren noch ihren Rosenmontagsrausch auszuschlafen scheinen..
Contra
Gast
Bei Monsantos Schöpfungen ist nicht geklärt, ob der ihre Züchtungen, nicht das pflanzeninterne Entscheidungssystem/ die chemische
Wirkstoffproduktionsanpassungsfähigkeit, die Symbiontenbekömmlichkeit,
die allgemeine Stressagilität herabsetzen, wie also
die "Intelligenz" und Vitalität, aber auch die Wirkstoffsynthesefähigkeit(Abwehrstoffe, Vitamine, Schadstoff-, Mineralstoffeinlagerungen,
Farbstoff-, Pigmentproduktion,
Symbiontenverträglichkeit usw.) langfristig beeinflusst werden.
Es ist nicht raus, was das Militär noch an Gensenquenzen einbaut oder die Geheimdienste, um eventuelle Wirtschaftsvorteile oder Kriegsvorteile
zunutzen oder gleich Demographie,Gesundheit und Intelligenz anderer Menschen stark zu beeinflussen. Dabei werden für die Fauna lebenswichtige Insekten durch
die Pestizid-und Gentech-felder vernichtet, desorientiert oder zur Energie- und Zeitvergeudung angeregt.
Der Mangel an Stimulanz und die Gentech-pfuscherei könnten die
Evolutionsfähigkeit der Pflanze langfristig beeinträchtigen, weil
zuviele disharmonierende Sequenzbausteine hineinadddiert werden.
Es ist schäbig so etwas zu sagen:
Aber wenn die Amis unbedingt ihr Außenhandelsdefizit
mit Fracking und Gentech in Ihrem Land ausgleichen wollen, anstatt
über Schuldenerlasse ehrlich zu verhandeln und einen Hair Cut für Europa
und die USA auszuhandeln, dann müssen Sie diese Idiotie eben begehen!
Ich finde das schrecklich und entsetzlich!!!
Aber wenigstens hier muss Europa nicht jeden Scheiß der Amis mitmachen.
Das war ihnen auch zu Zeiten der Derivateblasen und Immobilienblasen äußerst schlecht bekommen!
Contra
Gast
Biopatente haben grundsätzlich von der EU verboten zu werden
ohne Ausnahme!!!
Schluss mit dieser Multimilliarden-Patentmafia und der Privatisierung der Grundbausteine des
Lebens und Forschungsbevormundung durch Konzerne.
Biopatente, einschließlich Saatgutpatenten haben ausnahmslos
abgeschafft zu werden. Damit ein für allemal eine unmißverständliche
Gesetzeslage gegeben ist!
Und die Forschung hat auch nicht von Konsorten, wie Monsanto
sich Fesseln anlegen zu lassen.
Dieses EU-Patentamt soll
diese Abteilung als reine Protokollierung über den Stand der Wissenschaft
im Bereich Gentechnik führen mit dem Verbot zur Erteilung etwaiger
Lizenzen/Patente usw. !!!
Es muss Schluss mit der Wissenschaftsvergewaltigung sein, bei denen ForscherInnenkarrieren von gekauften Gutachten abhängen!
Alle Forschungsverfahren haben frei verfügbar zu sein
für akkreditierte Hochsicherheitslabore der öffentlichen Wissenschaft
und in Bibliotheken frei zugänglich zu sein!
Und dennoch darf es keine Biosphärenversuche geben!
Nur die chemisch unbedenklichen Endprodukte(z.B. Insulin)
dürfen in die Biosphäre entlassen werden. Das Wissen über die Gene
muss von der öffentlichen Wissenschaft genaustens erforscht werden
und forschen heißt nicht zwangskapitalisiert werden!
XXX
Das Europäische Patentamt ist eine derjenigen Institutionen, welche die EU in meinen Augen als zutiefst undemokratisch entlarven. Immer wieder trifft es Entscheidungen, die in einer Volksabstimmung mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt würden.
Raphael Zelter
taz-Autor*in
Das Europäische Patentamt ist keine Institution der EU, sondern einfach eine Europäische, die Mitgliedsstaaten müssen sich auch nicht mit denen der EU decken.
LG
Raphael