Schlendrian an der Uni: Gemeinsam der Blockade trotzen
Die Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten will Studierende zum Anpacken unerledigter Schreibprojekte motivieren.
Hier und da knarrt einer der hellen Holzstühle, wird ein Blatt umgeschlagen, ist das leise Klackern einer Tastatur zu hören. Bei der „Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ an diesem Donnerstagabend in der Cafeteria der Technischen Universität geht es sehr still zu.
Eingeladen zu der abendlichen Schreibwerkstatt hat das Studentenwerk Berlin. Gekommen sind rund 100 StudentInnen. Wer nicht tief gebeugt über seinem Labtop hockt, sitzt an einer kleinen Tischgruppe im Foyer der Cafeteria und lässt sich von ausgebildeten SchreibberaterInnen Tipps für Hausarbeiten, Essays oder Abschlussarbeiten geben. Überall verstreut liegen leere Kaffeebecher und kleine Tüten mit Studentenfutter herum.
„Nervennahrung“, erklärt Constanze Keiderling, Initiatorin der Veranstaltung, lachend. Die Idee der „Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ ist nicht neu, erzählt sie. Schon seit 2010 wird diese Veranstaltung jedes Jahr im März an vielen deutschen Unis angeboten. Erstmals sind dieses Jahr auch die Berliner Universitäten mit dabei. „Schreiben ist eine einsame und nicht immer ganz einfache Tätigkeit“, sagt Keiderling. „Unsere Umfragen zeigen, dass viele Studenten immense Probleme haben, beim Schreiben wissenschaftliche Standards einzuhalten.“ Die Lange Nacht sei daher für viele Studierende eine Möglichkeit, mit Schreibproblemen und Blockaden aufzuräumen und sich Hilfe zu suchen: „Fernab des stressigen Uni-Alltags und in Gesellschaft von Leuten, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben.“
An einem kleinen Tisch in der Cafeteria sitzt Katrin und brütet über einem Thema für ihre Hausarbeit. „Ich prokrastiniere gerne“, erzählt die 31-Jährige, die im 3. Semester Südostasienkunde an der Humboldt-Universität studiert. „Wenn ich nicht hier wäre, würde ich jetzt wahrscheinlich Freunde treffen oder aufräumen.“ Zu sehen, dass es auch andere gebe, die ähnlich tickten, sei beruhigend, meint Katrin.
Die Erfahrung „anderen geht es wie mir“ oder die Zuversicht „gemeinsam lässt sich eine Lösung finden“, sei sehr wichtig für die StudentInnen, erklärt Birgit Rominger, Psychologin des Studentenwerkes Berlin. „Das motiviert ungemein.“ Natürlich sei es zu viel verlangt, dass die StudentInnen an diesem Abend eine komplette Haus- oder Abschlussarbeit schreiben, aber das sei auch nicht das Ziel: „Wir wollen den Studenten eine Möglichkeit bieten, sich auszutauschen und ihnen Kniffe mit auf den Weg geben, die den Weg zur fertigen Hausarbeit erleichtern.“ Etwa den Gedanken an entspannte Semesterferien – ohne Unerledigtes auf dem Schreibtisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!