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Alter ElbtunnelTeures Denkmal unter Wasser

Die Kosten für die Sanierung des über hundert Jahre alten Tunnels steigen von 15 auf 100 Millionen Euro. Darum steht nun die Sanierung der zweiten Röhre auf der Kippe.

Vollständig entkernt: Die Oströhre des Alten Elbtunnels wird saniert. Bild: dpa

Die Sanierung des Alten Hamburger Elbtunnels wird erheblich teurer als gedacht. Das förderte eine Anfrage der Grünen und Recherchen von NDR 90,3 zutage. Statt der ursprünglich eingeplanten 15 bis 17 Millionen Euro wird die komplette Erneuerung der 1911 eröffneten Verbindung zwischen den St. Pauli Landungsbrücken und der südlichen Elbuferseite nun auf 100 Millionen Euro geschätzt. Womöglich wird darum die Sanierung der zweiten Röhre auf Eis gelegt.

„Die Kosten sind gestiegen“, sagt Susanne Meinecke von der Wirtschaftsbehörde. Der Elbtunnel sei aber nicht mit anderen Tunneln wie dem Deichtortunnel zu vergleichen. „Wir haben es hier mit einem unter Denkmalschutz stehenden Bauwerk zu tun.“

Die Sanierung erfolgt seit dem Jahr 1994 in fünf Bauabschnitten. Zunächst wurden die Betriebsgebäude und dann die Schachtgebäude mit den Fahrstühlen auf beiden Uferseiten instand gesetzt. Seit 2010 wird die Oströhre erneuert. War ursprünglich nur geplant, das Fliesenschild und die Tunnelfugen oberflächlich zu sanieren, entschied man dann auf Rat von Ingenieuren, die Innenschale komplett zu erneuern.

Der Tunnel besteht aus einem Stahlmantel aus 1.700 ringförmig gebogenen Trägern, die miteinander vernietet sind. Um an sie heranzukommen, mussten Kacheln abgeschlagen und Betonschichten entfernt werden. Der Beton sei viel fester gewesen als gedacht, erklärt Martin Boneß von der Hamburg Port Authoritiy (HPA). Da die hundert Jahre alten Fugen zwischen den Stahlträgern mit Blei abgedichtet sind, lösten sich Bleistäube, vor denen die Arbeiter geschützt werden mussten. Das führte zu weiteren Kosten und Verzögerungen. Außerdem wurden von außen 12.000 Tonnen Steine auf den Tunnel gebracht, damit die entkernten Röhren nicht aufsteigen.

Der Alte Elbtunnel

Der Alte Elbtunnel wurde von 1907 bis 1911 gebaut, um die rund 20.000 Werft- und 25.000 Hafenarbeiter schneller auf die andere Elbuferseite zu bringen.

Bei seiner Fertigstellung galt er als technische Sensation.

Zwei 426,5 Meter langen Röhren führen in 24 Meter Tiefe unter der Elbe durch. Sie verbinden St. Pauli mit Steinwerder.

Der Tunnel ist bei Touristen beliebt. Pro Jahr nutzen ihn 750.000 Fußgänger, 120.000 Autofahrer und 100.000 Radfahrer.

Die Sanierung hat 1994 begonnen. Seit 2010 ist nur eine Röhre im Betrieb.

Für Autos ist er von Montag bis Freitag von 8 bis 13 Uhr von St. Pauli in Richtung Steinwerder geöffnet, von 13 bis 18 Uhr in die umgekehrte Richtung. Eine Fahrt kostet zwei Euro.

Für Radfahrer und Fußgänger ist der Tunnel kostenlos nutzbar und durchgehend geöffnet.

Die Oströhre soll 2016 fertig sein, dann würde laut Plan mit der Weströhre begonnen. Doch nach jetziger Kenntnis kosten allein die beiden Tunnel 90 Millionen Euro. Die HPA solle bis zum Sommer ein Nutzungskonzept erstellen, sagt Meinecke. „Dann bewerten wir, ob wir gleich anfangen, die Weströhre zu sanieren oder ob es zu teuer ist.“ Ohne Sanierung könnte die Weströhre noch etwa 15 Jahre überstehen.

Der Grüne Abgeordnete Anjes Tjarks fordert eine Befassung des Haushaltsausschusses mit dem Tunnel-Problem. Die Sanierung des denkmalgeschützten Bauwerks sei sicher ein schwieriges Unterfangen, eine Versechsfachung der Kosten aber „nicht akzeptabel“. Dabei werde hier nach den neuen Leitlinien des Bürgermeisters zum „kostenstabilen Bauen“ saniert.

Sein Fraktionskollege Till Steffen fordert eine breite Debatte über Zukunft und Nutzung des Tunnels in der Stadt. „Ob die Weströhre überhaupt noch saniert wird, das darf eine Behörde nicht allein entscheiden“, sagt er. Mit der „Veloroute 11“ nach Wilhelmsburg habe der Tunnel für Radfahrer eine immense Bedeutung. Solange nur eine Röhre geöffnet ist, müssten Radfahrer absteigen und schieben. Da koste Zeit und sei „sehr lästig“.

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1 Kommentar

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  • U
    Uwe

    Tja, würden da unten Konzerte für die Upper-Class stattfinden und nicht irgendwelche Hafenarbeiter zur Werft oder nach Wilhelmsburg Vertriebene durchpendeln müssen, gäbe esnda unten vielleicht bald auch ein Förderband ;-)