Real Madrid gegen Barcelona: Ein ganz großer Clásico
Drei Elfmeter werden beim 3:4 im Clásico gepfiffen. Die Madrilenen fühlen sich ungerecht behandelt. Und Messi schießt Barça mit drei Toren zum Sieg.
MADRID taz | Nach dem Schlusspfiff war alles noch die pure Harmonie. Während das alte Vereinslied „Hala Madrid“ aus den Lautsprechern schepperte, gingen die Spieler von Real und des FC Barcelona aufeinander zu, manche umarmten sich, ganz wie es der Song aus dem Jahr 1952 dem königlichen Klub andichtet („Wenn er verliert, gibt er die Hand, ohne Neid und ohne Zorn“).
Es ist nicht ganz klar, ob manchen Spielern unter der Dusche dann der leibhaftige José Mourinho erschien, ihr Extrainer. Aber irgendetwas musste passiert sein. Denn als Vizekapitän Sergio Ramos und Superstar Cristiano Ronaldo später zu den Interviews mit den Medien erschienen, war da nur noch: Neid und Zorn. Früher war es bei Real einmal per internem Kodex verboten, über den Schiedsrichter zu sprechen.
Zu Mourinhos Zeiten wurde dann mit derartiger Penetranz die Legende von der eigenen Benachteiligung verbreitet, dass irgendwann sogar die Spieler selbst davon genervt gewesen sein sollen. Umso merkwürdiger der Rückfall nach dem spektakulären 3:4 im Estadio Santiago Bernabéu. Ramos sprach von einer „im Voraus paktierten Frechheit“, und Ronaldo sagte, der Schiedsrichter sei „bleich“ gewesen – bleich von dem Druck, Barcelona zum Sieg pfeifen zu müssen.
Die länger gedienten Real-Spieler sind der ständigen Niederlagen gegen Barcelona offenbar so überdrüssig, dass es ihnen schwerfällt, danach über Fußball zu sprechen. Dabei wäre das an diesem Abend angebracht gewesen. Nach Barças Sieg ist die Primera División nicht nur die spannendste Liga des Kontinents: Atlético Madrid führt jetzt wegen des direkten Vergleichs vor dem punktgleichen Real, einen Zähler dahinter rangiert Barcelona. Das Spiel belegte auch wieder mal die Erkenntnis, dass es unter Sonne und Flutlicht kein größeres Fußballspektakel gibt als den Clásico.
Überragender Lionel Messi
Dieses Spiel erzählte so viele Geschichten, dass jede Wiedergabe unvollständig bleiben muss. Auf Barcelonas Seite war da etwa ein von Anfang an überragender Lionel Messi, der an solchen Tagen nicht nur exklusive Passlinien sieht, sondern den Ball dann auch noch so exakt durch Zeit und Raum oder zu Iniesta schicken kann wie kein anderer.
Aber auch Madrid hatte ein kongeniales Duo, wenn auch ein weniger erwartbares – Ángel Di María und Karim Benzema. Zwischen der 13. und der 26. Minute legte der Argentinier dem Franzosen gleich vier hochkarätige Torchancen auf, jeweils von links, jeweils brillant und jeweils als Ergebnis der interessantesten taktischen Nuance im Spiel der Madrilenen: Bei eigenem Ballbesitz wechselte das Team von Carlo Ancelotti aus seinem gewohnten 4-3-3 in eine 4-2-1-3 Formation. Cristiano Ronaldo zog dann hinter Benzema in die Mitte und räumte die Position links außen für Di María frei – einen von Ancelotti zum zentralen Mittelfeldmann konvertierten Flügelspieler, der nichts von seinen alten Fähigkeiten verloren hat.
Zwei der vier Chancen konnte Benzema verwandeln. Nach Messis Ausgleich zum 2:2 durch einen Schuss durch Lücken, die nur er sieht (42.), trug sich im einzelnen Folgendes zu: Barcelonas Dani Alves foulte Ronaldo vor dem Strafraum, es gab trotzdem Elfmeter, den der Portugiese zum 3:2 verwandelte (56.).
19. Rote Karte für Ramos
Acht Minuten später kreuzte Ramos im Madrider Strafraum den Laufweg des erneut von Messi eingesetzten Neymar; ob er dem Brasilianer auf den Fuß trat oder dieser bei ihm einfädelte, ließ sich auch nach Dutzenden Zeitlupen nicht klären. Undiano Mallenco ist jedoch nicht der erste Schiedsrichter, der in so einer Szene auf Elfmeter entschied und, weil Ramos letzter Mann war, auf Rot – der 19. Platzverweis in der Karriere des Verteidigers. Strittig, ja. Aber kein Skandal.
Messi verwandelte den Strafstoß, ebenso wie jenen kurz vor Schluss, den Xabi Alonso tölpelhaft und unnötig, aber unbestreitbar an Iniesta verursachte. Unbestreitbar? Auch das sahen bei Real nicht alle so. In drei Wochen treffen sich beide Teams zum Pokalfinale wieder.
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