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Kommentar zu ZwangsräumungenWichtiger Widerstand

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die Verdrängung der alteingesessenen Mieter aus den Innenstädten ist ein allgemeines Problem. Es braucht politische Lösungen – und Widerstand.

Klare Ansage. Bild: dpa

W enn jemand einen Preis für Zivilcourage verdient hat, dann ist es Karl-Heinz „Kalle“ Gerigk. Mit welcher Ausdauer und Konsequenz er seiner Entmietung zu trotzen versucht, verdient Bewunderung. Im Kölner Agnesviertel kämpft kein verschrobener Don Quijote gegen Windmühlen. Der Mitarbeiter des städtischen Wohnungsamtes ist ein reflektierter Mensch, der genau weiß, was er tut.

Gerigk hat seinen Fall öffentlich gemacht, um einen allgemeinen Missstand anzuprangern: die Verdrängung alteingesessener Mieter aus den begehrten Innenstadtlagen vieler deutscher Großstädte. Sein Fall veranschaulicht, dass es sich hier nicht um ein „Randgruppenproblem“ handelt. Opfer von Gentrifizierung kann jeder werden, der nicht reich ist.

Üblicherweise ist Gentrifizierung ein Häuserkampf auf leisen Sohlen. Die Verdrängung ist ein schleichender Prozess, weswegen es auch so schwierig ist, Protest dagegen zu organisieren. Ein konkretes Beispiel: Ein Mehrfamilienhaus wird an einen „Projektentwickler“ verkauft. Der Investor kündigt an, es kernsanieren zu lassen. Den Mietern bietet er drei Alternativen an: Der erste Vorschlag lautet, sie können ihre bisherige Mietwohnung nach der Sanierung für einen unerschwinglichen Preis kaufen. Die zweite Möglichkeit ist: ein Jahr auf einer Baustelle zu wohnen, um dann von einem neuen Wohnungsinhaber wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden. Für den Fall jedoch, dass man zeitnah freiwillig auszieht, wird eine Abfindung angeboten. Für welche Variante hätten Sie sich entschieden? Das Beispiel ist nicht erfunden, sondern erlebte Realität.

Ob in Köln, München, Hamburg oder Berlin: In den attraktiven Revieren explodieren die Mieten. Es ist höchste Zeit, dass die Politik reagiert. Wer lebendige Stadtteile erhalten will, muss die Kräfte der sie zerstörenden freien Marktwirtschaft fesseln. Es bedarf einer wirksamen Mietpreisbremse und Milieuschutzsatzungen, die verhindern, dass die Spekulanten Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln.

Es wäre ein Wunder, wenn es noch einmal gelänge, Kalle Gerigks Zwangsräumung zu verhindern. Trotzdem war und ist sein Widerstand dagegen richtig. Denn das ist es, was man selbst machen kann: mit zivilem Ungehorsam ein Maximum an Öffentlichkeit herstellen, um den Preis für Immobilienhaie möglichst hochzutreiben.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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2 Kommentare

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  • Bei aller Antipathie gegen Immobilienhaie - ich habe diese "hippen" Veedel und diese immer gleichen Einkaufszonen oft sowas von satt...; kenne Prenzlauer Berg nicht, wenn ich aber die Hohe oder auch nur die Neusser Strasse in Köln sehe, ich muss da echt nicht mehr wohnen. Und in München und Hamburg vielleihct auch nicht. Es gibt ja auch noch die Eifel, für Snobs Aachen und vielleicht sollte ich mir mal mehr das Ruhrgebiet angucken.

    Möglicherweise ist das Leben zu kurz, um dauernd anderen in die Latte zu spucken... - den Hansaring und den Ebertplatz kann Starbucks von mir aus geschenkt haben.

    • @poweredpotatoe:

      "Man kann die Welt nicht ändern,

      aber einige Schweinereien kann man abstellen" Georg Simmel

       

      &das von Kalle gemeinte -

      "das Agnesviertel" - liegt halt ein Stück daneben Stroß un Platz;