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Kommentar FlüchtlingspolitikKniefall vor den Rechtspopulisten

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Härte zeigen gegen Flüchtlinge: So glauben europäische Parteien die Rechtspopulisten kleinhalten zu können – und legitimieren sie damit.

Rechtspopulisten wie Bernd Lucke haben schon viel mehr Einfluss auf die Politik, als ihnen zusteht. Bild: dpa

W ie schon oft zuvor ist Europa in diesen Tagen mit Tausenden Menschen konfrontiert, die von den Küsten Afrikas die lebensgefährliche Überfahrt antreten. Und wie schon oft zuvor beginnt das Pingpongspiel: Denn keiner will die Flüchtenden aufnehmen.

Italien etwa reklamiert, die anderen sollten sich bitte schön auch einmal kümmern – und schafft mit seiner lückenhaften Aufnahmepolitik praktische Anreize für die Ankommenden, nach Norden weiterzuziehen. Deutsche Politiker ihrerseits finden: Jedes Land habe gefälligst selbst für „seine“ Flüchtlinge zu sorgen. Alles soll bleiben, wie es ist.

Die anstehenden Wahlen des EU-Parlaments dürften diese Reflexe noch verstärken. Schließlich stehen die Rechtspopulisten vor der Tür. „Härte zeigen“: Dies gilt auch in der etablierten Politik als sicheres Mittel, um denen die Wähler zu klauen, die gegen Einwanderer, ja selbst gegen Kriegsflüchtlinge hetzen.

Dumm nur, dass diese Abwehrstrategie gegen rechts und rechtsaußen im Kern davon lebt, dass sie den Populisten recht gibt. Der Versuch, die Flüchtlingsfrage zu lösen, indem man sie stur zwischen den Staaten Europas hin- und herschiebt, löst kein einziges wirkliches Problem. Bisher funktionierte Europas Flüchtlingsabwehr etwa so wie der Euro: Durch die Festlegung der einzelnen EU-Staaten auf ein engmaschiges Regelwerk sollte vermieden werden, dass der eine die Lasten auf den anderen „abwälzte“.

Die Menschen aus Syrien, Eritrea, dem Sudan oder Nigeria aber werden weiter kommen; auch in Zukunft wird man sie mit den engen Vorschriften der Dublin-Abkommen nicht auf dauerhaftes Bleiben etwa in Italien festnageln können. Je früher Europas Politiker sich das klar machen, desto besser: Allein die Hinwendung zu echter Einwanderungspolitik, europäisch koordiniert, ist der realistische Weg.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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13 Kommentare

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  • In Sachen Grenzabbau hat die europäische Mitte die Linken schon lange links überholt. Und das ist auch gut so. Menschen sind schon immer um den Globus herum gewandert. Friedlich, ich sage es ausdrücklich! Europa hat keine inneren Grenzen mehr, das ist das wichtigste friedensstiftende Ereignis der letzten hundert Jahre, wenn nicht der Geschichte der Menschheit schlechthin. Und der Frieden hat auch Wohlstand gebracht. Auf demselben Weg muss es weitergehen. Europa und Afrika müssen gemeinsame Marktstrukturen aufbauen, die Bewegung von Kapital UND Menschen ermöglichen und fördern. Grenzen, Mauern und Stacheldraht haben ausgedient! Die europäisch-afrikanische Zusammenarbeit ist das Gebot der Stunde! Es gibt keinen Weg zurück.

  • „Rechtspopulisten wie Bernd Lucke haben schon viel mehr Einfluss auf die Politik, als ihnen zusteht.“

     

    Naja, Linkspopulisten wie Wagenknecht, Gysi, Roth usw. haben auch viel mehr Einfluß auf Politik und Meinungsbildung, als ihnen eigentlich zusteht und das schon seit langem. Sie bevölkern regelmäßig in mindestens Zweidrittelmehrheit z.B. die deutschen Talkshows. Und bei den zu 70 bis 80 % rot/grün, auf jeden Fall irgendwie: links eingestellten Redaktionen der deutschen Medien ist die Situation dieselbe, seien es nun vermeintliche „konservative Flaggschiffe“ wie Welt, FAZ, Bild oder eben die ohnehin klassisch linksliberalen Medien SZ, FR, Spiegel. Vom öffentlich-rechtlichen Betrieb muß man hier ohnehin nicht mehr reden - vom typischen deutschen Lehrer ganz zu schweigen. Ein Spiegelbild der Meinungen in der Bevölkerung ist das aber eben nun wirklich nicht, wenn man sich im Vergleich beispielsweise das Wahlergebnis vom September anschaut, wo deutlich mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen ja ganz klar nicht an „Links“ gingen.

     

    Das sich täglich steigernde und zuhemend hysterische Beschwörungs-Trommelfeuer zur Europawahl nicht nur in der taz sondern in allen Medien wirkt jedenfalls zunehmend schon beinahe komisch. Wenn die etablierten Parteien (und die ihnen nach dem Mund redenden Medien) in den letzten 10 Jahren vielleicht bereit gewesen wären, die Existenz mancher Probleme und Fehlentwicklungen (dazu gehört eben auch die schleichende Umwandlung – und damit Aufhebung – des Asyrechts in eine faktische Einwanderung) zum einen überhaupt mal ernsthaft zuzugeben und zum anderen auch ernsthaft zu diskutieren, gerne auch kontrovers, anstatt sie einfach nur reflexhaft zu tabuisieren und die Menschen, die sie ansprechen, sofort abzuetikettieren, wäre der Zulauf zu so manchen sicher fragwürdigen Gruppen wahrscheinlich deutlich geringer.

  • So ganz verstehe ich den Ruf nach einer "echten Einwanderungspolitik" hier nicht.

    Die Menschen, die aus Bürgerkriegsgebieten flüchten, sind nicht diejenigen, die von irgendeiner wie auch immer gearteten Einwanderungspolitik profitieren würden. Diese Menschen sind in Not und haben wahrscheinlich nicht die Qualifikationen, die man bei einer Einwanderungspolitik anlegen müsste. Mir scheint es sinnvoller, wenn die Staaten in der EU die eine imperialistische Kolonialpolitik betrieben haben, sich in erster Linie dieser Verantwortung auch stellen würden. (Was nicht heißt, dass die BRD nix tun müsste. Deutschland hat durch den zweiten WK genug Länder überfallen und ausgeplündert, wodurch denen auch die Mittel fehlen, alleine die Situationen in ihren ehemaligen Kolonien zu regeln.)

    Mir wäre immer noch mehr Hilfe vor Ort lieber. Gelder für die Flüchtlingslager im Libanon für die Flüchtlinge dort und in den von Nachbarländern weniger bedrohten Gebieten, wenn man es schon nicht hinbekommt, dort diese Lebensumstände zu schaffen, die einen Krieg völlig vermeiden lassen würden.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Allein die Hinwendung zu echter Einwanderungspolitik, europäisch koordiniert, ist der realistische Weg."

     

    - und GENAU DAS wird dem global erwachenden Faschismus NOCH MEHR helfen seine herkömmlich-gewohnte Gestalt entgegen UND MIT dem "freiheitlichen" Wettbewerb um ... anzunehmen!!!

     

    Nur ein radikaler Wechsel der Kommunikation, hin zu einer Welt- und Werteordnung die OHNE die Symptomatik des "freiheitlichen" Wettbewerbs organisiert wird, so daß die Flüchtlinge SICHER in ihrer Heimat bleiben können, wird die Macht der kreislaufenden Dummheit im geistigen Stillstand durchbrechen und beenden!!!

  • Zeile unter dem Bild von Lucke:

     

    Wer, bitte schön, entscheidet, wie viel Einfluß den von Ihnen so diffamierten Rechtspopulisten zusteht ? Sie, Herr Braun? Ihre Redaktion? Die sozialistische Internationale oder gar der Populus, das Volk?

    • @Anglia Ferkel:

      Ihr Erfolg in der Konkurrenz der politischen Kräfteverhältnisse. Alles andere ist Staffage. Und deswegen ist es verdammt noch mal gut sie als die rechten Vollpfosten zu portraitieren die sie sind. ;)

  • Echte Einwanderungspolitik, europäisch koordiniert!

     

    Sehr richtige Feststellung! Entspricht dem Parteiprogramm der Afd, die eine geordnete, nach festen Regeln gestaltete Einwanderungspolitik, z.B. nach kanadischem Vorbild fordert.

    Asylanten, die aus Gründen Art.16 GG - also Verfolgung- Anträge stellen, sollen nach den Vorschlägen der AfD arbeiten dürfen.

    Was ist daran Rechts ? Dann wäre die Gleichung Rechts=vernünftig!

    • @Anglia Ferkel:

      Mindestens rechts angehaucht ist beispielsweise der Begriff "Asylant".

       

      Und die Einwanderungspolitik (wmit sich die AfD) beschäftigt hat nichts mit Asyl zu tun. In unserem Grundgesetz und den Menschenrechten steht etwas von "politischem Asyl für Verfolgte", nichts von "politischem Asyl für Verfolgte, welche mindestens einen Hochschulabschluss haben und für unseren Arbeitsmarkt wertvoll sind". Flucht ist irregeluäre Migration, das macht sie aber nicht illegal!

  • Mich erinnert der Kampf gegen die Schlepper an den "Kampf gegen Drogen". Der freie Zugang nach Europa würde das "Schlepperproblem" lösen und der Mafia das Geschäft verderben.

  • Und was ist nun eine 'echte Einwanderungspolitik'? Was hilft es, zu kritisieren ohne eine Alternative aufzuzeigen?