Gentech-Pflanzen auf dem Acker: SPD und CDU für Anbauverbot
Die Regierungskoalition hat sich auf nationale Anbauverbote von Gentech-Pflanzen geeinigt. Grüne Politiker befürchten mehr Gentech-Lebensmittel.
BERLIN dpa/taz | Nach langem Ringen haben sich die Bundestagsfraktionen von Union und SPD grundsätzlich auf ein nationales Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen verständigt. Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen werde die Bundesregierung aufgefordert, sich auf EU-Ebene für eine nationale Ausstiegsklausel einzusetzen, verlautete am Dienstag aus der SPD-Fraktion.
In der EU wird eine baldige Zulassung für die gentechnisch veränderte Maissorte 1507 erwartet. Die Grünen forderten ein generelles Verbot für die gesamte EU.
Bei einer EU-Abstimmung hatte sich Deutschland enthalten, da die Bundesregierung uneins war. Von SPD und CSU geführte Ministerien waren dagegen, CDU-geführte Ressorts dafür. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die dem Thema Gentechnik persönlich aufgeschlossen gegenüber steht, verwies auf eine mangelnde Akzeptanz in Deutschland: „Da hilft ein Blick in den Deutschen Bundestag wie auch in den Bundesrat, wo die Aussicht auf eine Mehrheit für die Gentechnik in weiter Ferne ist“, sagte Merkel der Leipziger Volkszeitung.
Gutachten der EU-Kommission bestätigten immer wieder, dass der Einsatz zugelassener Gentechnikprodukte wissenschaftlich unbedenklich sei. Als Kanzlerin müsse sie sich aber gleichzeitig damit befassen, „ob die Bürger gentechnisch veränderte Pflanzen akzeptieren und ob es dafür politische Mehrheiten gibt“, betonte Merkel.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ute Vogt argumentierte, der Antrag sei die sozialdemokratische Interpretation und Umsetzung des Koalitionsvertrags. Dort stehe lediglich, man erkenne die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an. „Dass wir auf dieser Grundlage den vorliegenden Antrag erarbeitet haben, ist ein großer Erfolg für die SPD“, so Vogt. „Fünf von sechs Bürgern in Deutschland lehnen die Grüne Gentechnik ab.“
Die Grünen kritisierten den Antrag als nicht weitgehend genug. „In Wahrheit ist dieser Vorschlag ein Trojaner, der der Gentechnik das Tor nach Europa erst richtig öffnen würde“, sagte Gentechnikexperte Harald Ebner. Seiner Meinung nach wird durch nationale Ausstiegsklauseln die Zulassung eher noch beschleunigt – notwendig sei ein Verbot für die gesamte EU.
Das Problem ist, dass mit einem nationalen Anbauverbot zwar in dem jeweiligen EU-Staat verhindert werden kann, dass Gentech-Saatgut ausgebracht wird, die in anderen EU-Staaten angebauten Pflnazen dürfen dann aber hier als Futter- oder Lebensmittel vermarktet werden.
„Es ist ein Armutszeugnis für die SPD, dass sie jetzt versucht, diesen zahnlosen Antrag, der voll auf der Gentech-Konzernlinie liegt, als Erfolg zu verkaufen, nachdem unsere gemeinsame fraktionsübergreifende Initiative für echte Gentechnikfreiheit sang- und klanglos gescheitert ist“, so Ebner.
Leser*innenkommentare
Udo Henn
Wenn Merkel richtigerweise der Meinung ist, dass Gentechnik-Produkte unbedenklich sind, sollte sie eine Aufklaerungskampagne in die Wege leiten, damit die, offenbar auf Unkenntnis beruhende, Ablehnung in der Bevoelkerung in Akzeptanz umschlaegt.
tazzy
Warum hauen die Grünen bei ihren über die Medien verbreiteten Aussagen immer nur auf die SPD ein und verschonen die (bei diesem Thema viel schlimmere) CDU?
Wenn man solche Sätze über Armutszeugnis nur in Verbindung mit SPD über die Presse verbreitet, ist klar, was dann beim normalen (und oft politisch of ungebildeten) Durchschnitts-Michel hinterher hängenbleibt: Nämlich, dass nur die SPD das Übel ist und es ok ist, wenn man Mutti und ihre CDU wählt.
Es ist richtig, die SPD zu kritisieren, aber warum kritisiert man hier nicht gleichzeitig (oder besser noch viel schärfer) die ignorante und viel schlimmere Haltung der CDU?
Renate Blattlaus
Ich traue weder der CDU noch der SPD. Und den Grünen auch nicht. Unsere Politiker werden von den Amis geritten und gefüttert. Und die EU-Kommission ist nichts anderes als eine Interessensvertretung der VSA. Die Amis haben ihre Vertreter in der EU-Kommission.
Der_Peter
Ins russische Parlament wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, durch den gentechnisch veränderte Pflanzen von russischen Äckern ferngehalten werden sollen. Die Ausbringung solcher Pflanzen soll strafrechtlich auf eine Stufe mit Terrorismus (!) gestellt werden.
Putin unterstützt dies, Medwedew auch.
Gabriel Renoir
Der richtige Weg wäre, Lebensmittel deutlich zu kennzeichnen, also
L E S B A R ohne Mikroskop.
Im Moment steht da nur Mist, und was interessant ist, sehr sehr klein. Ob Gentechnik jetzt gesundheitsschädlich ist? Keine Ahnung, laut Wikipedia gibt es keine wissenschaftliche Studie, die das nachweisen könnte. Die Idee ist durchaus intelligent: Statt Baumwolle 10 x gegen Insekten zu spritzen, baut man eine Baumwolle an, die für Insekten unbekömmlich ist.
antonio leone
@Gabriel Renoir
unbekömmlich ist nicht ganz das richtige Wort. GIFTIG würde es wohl besser treffen. Ausserdem geht es hier vielmehr um Gifte, die Unkraut vernichten, wogegen die genmanipulierte Pflanze aber resistent ist… Das hört sich ja schon an wie aus einem Horrorfilm, findest Du nicht ? ... Naja, wie die Erfahrung aber nun zeigt, entwickeln sich die verschiedenen Unkrautarten weiter und entwickeln ebenfalls eine Resistenz gegen das Gift… (Wie die Menschen bei übermässigem Antibiotika-Verzehr)...Wieviele Insekten werden bei diesen Maßnahmen vernichtet werden. Schmetterlinge, Bienen etc… Am Ende des Bienensterbens stehen wir Menschen auf den Leitern um per Hand die Blüten zu bestäuben, wie das in China bereits der Fall ist…. Ich würde sagen, Hände weg von genmanipulierten Lebensmitteln. Das spiel mit dem Feuer ist zu riskant.