: Ein neues Hobby
Für Männer ohne Waschbrett vorm Kopf: Das neue Anti-Großverlags-Magazin „Feld Hommes“ verspricht Inhalte und bietet Bilder
Von RENÉ MARTENS
Männermagazine sind so überflüssig wie Frauenzeitschriften, und deshalb ist es heikel, sich in diesem Genre anzusiedeln. Feld Hommes ist insofern ein Männermagazin, als es auf dem Cover in großer Schrift ankündigt, „für Männer und andere Menschen“ gemacht zu sein – und in recht kleiner Schrift „Mädchen zum Ansehen“ verspricht. Andererseits hat dieses neue Vierteljahresheft aus Hamburg-Ottensen mit Maxim oder Men’s Health nicht mehr gemein als mit Wild und Hund oder Blinker.
Das könnte daher kommen, dass die Idee zu diesem Blatt von einer Frau stammt: Mieke Haase, Geschäftsführerin der Werbeagentur c-feld, hatte schon länger ein Männermagazin im Kopf, das auch Männern ohne Waschbrett vorm Kopf gefällt. Konkrete Gestalt nahm die Idee vor einem Jahr an, als die Kreativdirektorin Haase mit der nunmehrigen Feld-Hommes-Modechefin Isabelle Thiry zusammensaß: „Wir haben uns gefragt, ob wir nicht am liebsten doch Männer fotografieren, die Antwort war: ja.“
Also gut, Feld Hommes ist ein Männermagazin, weil die Mode, die dort vorkommt, Herrenmode ist. Die eine Hälfte des deutsch-französischen Titels erklärt sich durch den Namen von Haases Firma – die ist gleichzeitig Teilhaber des eigens für die Zeitschrift gegründeten Feld Verlags. Prominentester Mitverleger ist Jan Weiler, der bis Januar Macher des SZ-Magazins war. Bei Feld Hommes fungiert er nun wieder als Chefredakteur.
„Ich brauchte einen Kopf, ich bin ja eher das Auge“, sagt Haase, und analog zu dieser Differenzierung ist das 244 Seiten dicke Heft in zwei Bereiche aufgeteilt: „Für den Kopf“ und „Für das Auge“. Nachdem sie Weiler in einer Jury des Art Director’s Club kennen gelernt hatte, fragte Haase ihn, „ob er noch ein neues Hobby braucht“. Weiler sei „ganz klar das Zugpferd, schließlich ist er der Popstar, nicht ich“, sagt Haase. Eine Anspielung darauf, dass sich Weilers Romane („Maria, ihm schmeckt’s nicht“ und „Antonio im Wunderland“) wie warme Wecken verkaufen.
Feld Hommes ähnelt anderen Anti-Großverlags-Magazinen: An Dummy erinnert die, nun ja, textliche Tiefe, an Vice die eine oder andere kalkulierte Provokation (Interviewfrage an einen Pornodarsteller: „Welche Strategie maximiert die Menge an Sperma?“) und an Sleek – dort war Haase mal Kreativdirektorin – das Kunstaroma. Wie die meisten ambitionierten Nischenblätter macht Feld Hommes Schwerpunktnummern: Im Debütheft dreht sich alles um das Thema „Dreck“, in der zweiten Ausgabe um „Leder“ (da dürfte zwischen Mode, Sex und Fußball dann einiges gehen).
Das Pfund, mit dem Feld Hommes wuchern kann, ist das Layout. Das Inhaltsverzeichnis lockt mit Bildern, die die Form der jeweiligen Seitenzahl haben, das Magazin-Pflichtprogramm – Minirezensionen und Kaufempfehlungen – nimmt man ausnahmsweise gern mit, weil es dank 100 kleiner Fotos wie ein Puzzle anmutet, und ein eher lahmer Text über elf „Schmutzkampagnen aus dem Politikbetrieb“ gewinnt durch ein Punk-Fanzine-ähnliches Layout.
Chefredakteur Weiler hat beim SZ-Magazin schon um viele Ecken gedacht, mit Klischees gespielt und Leseerwartungen gebrochen, sodass man natürlich geneigt ist, in Feld Hommes solche Charakteristika aufzuspüren. Der schönste Regelverstoß ist der Aufmacher: „Schmutz ist Materie am falschen Ort“, der Extrakt eines 37 Jahre alten, längst vergriffenen Essays von Christian Enzensberger. Der Text ist für Zeitschriftenverhältnisse sperrig, aus heutiger Sicht ein bisschen manieriert, aber immer anregend.
Auch sonst wird Feld Hommes gern philosophisch: „Dreck und Müll haben immer schon etwas erlebt, etwas hinter sich, einen anderen Seinszustand bereits durchlaufen“, heißt es in einem anderen Text. Prominentester Autor ist Moritz von Uslar, der sich auf einem Foto rätselhafterweise so stilisiert, wie es Männer in Deutschland vor 70 Jahren getan haben – aber vielleicht hat das Bild ja auch irgendeine verborgene Metaebene.
Die Modebranche soll schon positiv auf Feld Hommes reagiert haben, weil die edlen Firmen außer GQ alle schon existierenden Titel im Männer-Segment zu prollig oder sonst wie anzeigenunfreundlich finden. Vielleicht ist das ja der eigentliche Grund dafür, dass Feld Hommes als Männermagazin gestartet ist.
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