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Nachrichten von 1914 - 26. JuliDer österreichisch-serbische Krieg

Serbien lehnt Österreichs Forderungen ab, die diplomatischen Beziehungen wurden abgebrochen. In Berlin wird der aufziehende Krieg bejubelt.

Im August wurde 1914 dann auch in Berlin mobilgemacht. Bild: dpa

Belgrad, 25. Juli, 6 Uhr 30 Min.

Die serbische Regierung hat die Forderungen Österreichs abgelehnt. Der österreichisch-ungarische Gesandte hat Belgrad bereits verlassen.

Belgrad, 25. Juli, 6 Uhr 40 Minuten (Telegramm unseres Spezial-Korrespondenten).

Die allgemeine Mobilisierung ist angeordnet; der Thronfolger Alexander übernimmt selbst den Befehl über die Belgrader Truppen.

aera

Aera online ist die Simulation einer Live-Berichterstattung aus dem Jahr 1914. Das Magazin veröffentlicht Nachrichten, die auf den Tag genau vor hundert Jahren von den Menschen in Deutschland in ihren Zeitungen gelesen wurden. Drei historische Zeitungen wurden aus den Archiven gehoben und ausgewertet. Die Texte sind im Wortlaut erhalten, Überschriften und Kurz-Zusammenfassungen wurden teilweise modernen Lesegewohnheiten angepasst.

Das Projekt ist eine Kooperation der zero one film und der Leuphana Universität Lüneburg. taz.de kooperiert mit dem Magazin und veröffentlicht jeden Tag ausgewählte Nachrichten von 1914. Das gesamte aera online Magazin finden Sie hier.

Wie wir gestern schon in früher Abendstunde durch mehrere hunderttausend Extrablätter der Berliner Bevölkerung mitgeteilt haben, hat die serbische Regierung die Forderungen Österreichs abgelehnt, der österreichische Gesandte, Baron Giesl hat infolgedessen Belgrad sofort verlassen, und der Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien ist unvermeidlich geworden. Die serbische Armee ist bereits mobilisiert worden, und die Mobilmachungsorder in Österreich-Ungarn dürfte heute veröffentlicht werden.

Noch gestern Nachmittag war in Wien, Budapest, Frankfurt a. M. und in anderen Städten die Nachricht verbreitet, Serbien nehme die österreichischen Forderungen unter Protest an, und diese Nachricht, die besonders auch in Finanzkreisen Glauben fand, übte begreiflicher Weise eine günstige Wirkung auf die Stimmung der Abendbörsen aus. Offenbar hat es in den leitenden Belgrader Kreisen gestern auch eine Friedenspartei gegeben, die für die Annahme der Bedingungen war, dann aber schließlich von der Partei der Kampfmutigen und Unbeugsamen überstimmt wurde.

Gewannen diese Kampfmutigen die Oberhand, weil sie auf bestimmt Zusicherungen, bindende Versprechungen Russlands hinweisen konnten? Die Absichten der russischen Regierung sind selbst den am besten informierten Kreisen nicht ganz klar, aber man darf sich nicht darüber täuschen, dass zum mindesten mit vorbereitenden militärischen Maßregeln Russlands gerechnet werden muss. Es fehlt indessen auch in Russland nicht an Stimmen, die von einer kriegerischen Einmischung abraten und es ist anzunehmen und zu hoffe, dass die ruhigen und vernünftigen Elemente in Frankreich und in England dahin wirken werden, dass aus der österreichisch-serbischen Angelegenheit sich nicht ein Weltkrieg entwickele.

In den Straßen Berlins ist die Meldung, dass der Ausbruch des österreichisch-serbischen Krieges unvermeidlich geworden sei, gestern Abend und in den ersten Nachtstunden mit lauten Beifallskundgebungen aufgenommen worden.

Es kam zu Umzügen und zu Manifestationen, über die wir an anderer Stelle berichten. Wir glauben, dass es solcher Straßenkundgebungen nicht bedarf, um den Völkern Österreich-Ungarns die Überzeugung zu geben, dass das deutsche Volk ihnen nicht nur von Herzen eine neue Erstarkung wünscht, sondern dass Deutschland auch, wenn die Entwickelung der Dinge eine solche Entschließung unvermeidlich machen sollte, seine Bündnispflicht treu erfüllen würde.

Alle, die solcher Pflichten eingedenk sind, ohne leichtherzig mit dem Gut und Blut der Nation zu spielen, müssen in der gegenwärtigen Situation die Ruhe und die Kaltblütigkeit bewahren, die am ehesten eine feste, zielsichere und umsichtige Politik ermöglichen. Es bedeutet keineswegs eine Unterstützung der österreichischen Sache, wenn in diesem Augenblick die Leidenschaften derjenigen Völker, die nicht direkt an dem Konflikt beteiligt sind, sich aneinander erhitzen und entflammen.

Quelle: Berliner Tagblatt

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