Protest gegen Olympia-Pläne: Wie das IOC den Bären fängt
Das neue Bündnis gegen eine Berliner Olympiabewerbung protestiert vor dem Roten Rathaus. Am Dienstag will der Senat die ersten Schritte für eine Bewerbung beschließen.
Der Tourist aus Peking kann es nicht glauben. „Eine Demonstration gegen Olympia?“, fragt er und schüttelt den Kopf. Dann hellen sich seine Züge auf. „Richtig viele sind es aber nicht.“ Tatsächlich sind zum Auftakt der „NOlympia-Kampagne“ am Montag nur etwa 40 Aktivisten vor den Neptunbrunnen am Roten Rathaus gekommen.
Etwas bieder und brav wirkt die Kundgebung, deren Motto ein gelbes Transparent ziert: „Lieber wat jutet statt Olympia!“ Auf einer der kleinen Parolentafeln steht „Spartakiade statt Olympia“. Judith Demba aber meint es ernst. Die ehemalige Grünen-Abgeordnete, die zusammen mit Harald Wolf von der PDS 1993 den Anti-Olympia-Protest im Abgeordnetenhaus anführte, ist davon überzeugt, auch diesmal erfolgreich zu sein: „Wir sind mehr geworden“, sagt sie, „und wenn der Sommer vorbei ist, werden wir noch mehr. Berlin braucht vieles, aber keine Olympiabewerbung.“
Das sieht auch ein Großteil der Berlinerinnen und Berliner so, wie die jüngste Umfrage von Forsa gezeigt hat. Demnach befürwortet nur eine knappe Mehrheit von 52 Prozent eine Berliner Bewerbung für die Spiele 2024 oder 2028. 46 Prozent sprachen sich dagegen aus. Ein Wert, der dem Senat nicht gefallen dürfte, haben doch SPD und CDU von vornherein klargemacht, dass es eine Bewerbung nur dann geben werde, wenn eine große Mehrheit der Berliner sie unterstützt.
Noch Überzeugung vonnöten
Aber auch die Olympiagegner können sich nicht auf dem Ergebnis ausruhen. Ein Aktivist auf der Kundgebung am Montag betont, dass die 18- bis 29-Jährigen mit 74 Prozent Zustimmung klare Olympiafans seien. „Da müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten“, sagt er. „Vor allem, was die Gefahr steigender Mieten angeht.“
Die Performance am Montag aber richtet sich eher ans ergraute Protestpublikum. Während der Kundgebung fährt ein weißer Golf mit dem Schweizer Kennzeichen „IOC 007“ vor. Drei Herren mit dunklen Anzügen und Sonnenbrillen steigen aus und steuern auf einen in braunes Fell gekleideten Olympiabären zu, der hinter einem Transparent steht und dem Hertha-Maskottchen Herthinho nicht unähnlich ist.
Kurz darauf drängen ihn die Dunkelmänner ins fiktive Schweizer Auto. „Gebt unseren Bären wieder her“, ruft Demba ins Mikro. „Er soll nicht gelb werden.“ Der gelbe Bär, das war das Symbol der gescheiterten Berliner Olympiabewerbung für die Spiele im Jahr 2000, die schließlich in Sydney ausgetragen wurden.
Anlass für die Kundgebung ist eine Entscheidung des Senats. Am heutigen Dienstag, verkündete Demba, wolle Rot-Schwarz die Abgabe des Bewerbungsbogens an den Deutschen Olympischen Sportbund DOSB beschließen. „Entgegen allen Beteuerungen wurden bisher weder die Bevölkerung noch das Parlament gefragt“, sagt sie.
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