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PolizeiNicht mehr ganz so geisteskrank

Die Opposition will personengebundene Hinweise aus der Datenbank der Berliner Polizei streichen – und scheitert an Rot-Schwarz.

Polizist auf der Suche nach besonderen Merkmalen. Bild: DPA

Die Opposition ist sich einig: Personengebundene Hinweise wie „geisteskrank“ und „Ansteckungsgefahr“ haben in der Polizeidatenbank Poliks nichts zu suchen. In einem gemeinsamen Antrag forderten Grüne, Linke und Piraten deshalb am Montag im Innenausschuss, die Stigmatisierung von Personen zu beenden. Die Regierungsfraktionen CDU und SPD räumten zwar ein, dass „geisteskrank“ ein antiquierter Begriff sei, sprachen sich aber trotzdem für die Beibehaltung der Praxis aus.

Knapp 270.000 personengebundene Hinweise sind in Poliks gespeichert. Die mit Abstand meisten Hinweise betreffen Drogenkonsum, gefolgt von Hinweisen auf „gewalttätig“ und „bewaffnet“. Die Speicherung von Merkmalen wie „geisteskrank“ oder „Ansteckungsgefahr“ verteidigte Polizeipräsident Klaus Kandt damit, dass die Hinweise der Eigensicherung der Beamten diene. Nicht selten müssten Polizisten TBC Kranke oder anderweitig Infizierte anfassen. Die Speicherung ermögliche den Kollegen, sich vor den Einsätzen besser zu schützen.

Ursprünglich waren die Merkmale „Ansteckungsgefahr“ und „geisteskrank“ 1988 aufgrund eines Abgeordnetenhausbeschlusses aus dem Kriterienkatalog gestrichen von Poliks worden. 2012 aber hat die SPD-CDU-Koalition die Regelung nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK) rückgängig gemacht. Der Berliner Datenschutzbeautragte Alexander Dix war damals dagegen. Ihm sei kein Fall bekannt, bei dem sich ein Polizist bei einem Verdächtigen angesteckt habe, hatte Dix der taz dazu gesagt.

Rund 110 Personen sind in Poliks als „ansteckend“ gebrandmarkt, circa 70 als „geisteskrank“. Das hat Christopfer Lauer (parteilos, Piratenfraktion) in Erfahrung gebracht. Die Kriterien für die offenkundige Speicherungen von Einzelfällen seien nebulös, monierte die Opposition am Montag. Den Beamten werde so Sicherheit vorgegaukelt. Polizisten müssten aber immer Eigensicherung betreiben.

Nach Angaben von Benedikt Lux (Grüne) werden nicht nur Straftäter oder Verdächtige gespeichert. „Jeden kann es treffen, dass ist uferlos“. Innensenator Frank Henkel (CDU) kündigte an, bei der IMK-Sitzung im Dezember eine Modifizierung des Begriffes „geisteskrank“ anregen zu wollen. Dazu Udo Wolf (Linke): „Stigmatisierung bleibt Stigmatisierung“.

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1 Kommentar

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  • Polizisten müssen sich schützen. Das ist ihr gutes Recht. Bürger müssen sich aber auch schützen und deshalb sollten Bürger nun ebenfalls eine Datenbank anlegen, in der geisteskranke, gewalttätige und ansteckende Polizisten aufgeführt werden. Soviel Schutz muss sein!