piwik no script img

Nordderby in der Fußball-Bundesliga„Europacup – und ihr steigt ab“

Beim 2:0 (1:0)-Sieg über den Hamburger SV spielte der VfL Wolfsburg wie ein Spitzenteam. Der HSV hingegen hatte außer Kampf nicht viel zu bieten.

War auch mal beim HSV: Ivica Olic bejubelt seinen Treffer zum 1:0 gegen den früheren Klub Bild: dpa

WOLFSBURG taz | Es ist klar, was nach dem souveränen 2:0 des VfL Wolfsburg gegen den HSV kommen wird: Die Fußball-Öffentlichkeit wird fordern, dass man nun die heilige Pflicht habe, gefälligst den Meister und Tabellenführer FC Bayern zu jagen. Die Traditionalisten werden gleichzeitig darauf verweisen, dass die Volkswagen-Tochter VfL eben auch über ökonomisches Potential verfüge und man Erfolg eben doch kaufen könne. Und so weiter.

Was man nach dem Spiel am Sonntagabend sagen kann: Dieser von Klaus Allofs und Dieter Hecking entwickelte VfL agiert seit ein paar Wochen tatsächlich wie ein Spitzenteam. Und der Hamburger SV, das ist keine Überraschung, agiert wie ein Team, das eine sehr schwere Saison vor sich hat. Olic (27.) und Hunt (63.) trafen für die Wolfsburger und die Nordkurve beschrieb die Differenz mit dem Choral: „Europacup – und ihr steigt ab.“

Nach holprigem Saisonbeginn praktiziert Dieter Heckings Team inzwischen einen sehr ansprechenden Fußballstil. Der Ball läuft nicht mehr nur in die Quere, sondern auch vertikal. Der Fortschritt wird gern auf den belgischen Tempodribbler Kevin De Bruyne zurückgeführt, was aber nur die halbe Wahrheit ist. Der teuerste Einkauf der Unternehmensgeschichte, das ist die zweite Hälfte, wird mittlerweile einfach besser in Szene gesetzt. Das zahlt sich aus: De Bruyne machte schon wieder ein herausragendes Spiel, bereitete beide Treffer vor und ist derzeit mit neun Assists der Spieler der Liga, der Kreativität und Effizienz am besten verbindet.

Was den HSV angeht, so spielte er aggressiv wie erwartet. Nicht an der Kante wie beim Sieg letzte Woche gegen Leverkusen, aber so, dass man fleißig Gelbe Kärtchen sammelte. Die Strategie war deutlich zu sehen: Alle Mann volle Pulle gegen den Ball, was sich in groben Fouls der vermeintlichen Kreativspieler van der Vaart und Lasogga widerspiegelte. Wolfsburgs Naldo erwies sich allerdings auch nicht als Gentleman.

Intensives Pressing

Dennoch spielte nicht Kreativität gegen Aggressivität, wie man vorher hätte vermuten können. Wolfsburg presste mindestens so intensiv wie der HSV. „Hohes Tempo“, notierte Wolfsburgs Sportdirektor Klaus Allofs, man sei „in den Zweikämpfen“ gewesen und dadurch „hinten gut gestanden“. Wenn HSV-Trainer Josef Zinnbauer ein Aufbauspiel in seiner Strategie integriert haben sollte, so ließen das die viel und organisiert laufenden Wölfe in den ersten 45 Minuten überhaupt nicht zu.

Gleichzeitig spielte der VFL sich ein paar von den Standards heraus. Das 1:0 (27.) entsprang einer völlig unnötigen Ecke, die Behrami verursachte. Kaum hatte Drobny genug mit ihm geschimpft, nahm De Bruyne den Eckstoß von Hunt direkt und Olic drückte ihn ins Tor. HSV-Spieler Diekmeier hob das Abseits auf. Was war los?, wurde Diekmeier gefragt. „Ecke, Tor“, antwortete er, und dass er sich das nochmal anschauen müsse. Da hat er recht.

Im zweiten Durchgang ließ Wolfsburg den HSV kommen. Erstens, weil das 5:1 gegen Krasnodar in der Europa League erst drei Tage zurücklag, zweitens um Raum für Umschaltspiel zu bekommen. Diesen Raum nutzte De Bruyne mit einem 77-Meter-Sprint – Aaron Hunt schob zum 2:0 ein (63.).

Es war der achte Pflichtspielsieg in Folge, der VfL steht auf einem direkten Champions League-Platz, im Achtelfinale des DFB-Pokals und kurz vor dem Erreichen der nächsten Euro-League–Runde. Die Arena war erstmals in der Saison ausverkauft, die Stimmung für Wolfsburger Verhältnisse euphorisch.

„Wenn man acht Spiel in Folge gewinnt, ist die Stimmung immer gut“, sagt Allofs. Der Sportdirektor sieht „ständige Verbesserung“, war aber nach dem Spiel erkennbar bemüht, den Ball flach zu halten. Die lokale WAZ ist aber bereits im Delirium und jubelt: „Alle lieben diesen VfL!“

Alle? Bis dahin dürfte es noch ein weiter Weg sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!