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Christian BussDer WochenendkrimiWirrer Westerntopf

Der Bandit sitzt siegesgewiss mit Handschellen auf der Rückbank. Bald werden ihn seine Kumpane, die den Gefangenentransport verfolgen, befreit haben. Es geht über verschneite Pässe und durch unebenes Gelände, Hilfe für die überforderten Gesetzeshüter ist nicht in Sicht. Das Büro des nächsten Sheriffs ist meilenweit entfernt, und die Verfolger greifen zu brutalen Mitteln, um ihren partner in crime zu befreien.

Die Rede ist hier nicht von den Rocky Mountains im vorletzten Jahrhundert, sondern von der Überführung eines dingfest gemachten Waffenhändlers aus der Schweiz in die Bundesrepublik. Wie einen von allen Schnörkeln befreiter Eskort-Western im Stil von Delmer Daves’ „3:10 to Yuma“ haben die Macher des „Tatorts“ die Episode „Der Polizistinnenmörder“ (Regie: Florian Froschmeyer, Buch: Leo P. Ard) angelegt. Das heißt: Wo einst James Stewart oder Van Heflin unbeirrbar auf dem Kutschbock der Übermacht der Banditen trotzten, da trickst im trüben Nirgendwo nördlich des Bodensees Eva Mattes als Kommissarin Blum die Gangster aus.

Die Sache hat nur einen Haken: Bei der Übersetzung der Handlung vom einsamen Arizona ins nicht ganz so einsame deutsch-schweizerische Grenzgebiet ist die Plausibilität auf der Strecke geblieben. Kaum haben Blum und ihr Thurgauer Kollege Flückiger (Stefan Gubser) den Waffenhändler Meiners (Michael Brandner) auf den Rücksitz verladen, häufen sich Autopannen und Kommunikationsdesaster. Statt strenger Reduktion gibt es hier nur wirre Emotion. Schon der Anfang ist eine Zumutung: Da klagt Blum dem einfühlsamen Flückiger im Restaurant ihre Schuldgefühle, die sie wegen eines Mordes an einer Polizistin hat – um danach fröhlich wie ein Scheunendrescher über ihr Essen herzufallen.

Nein, auch das Schmausen ist bei dieser asketischsten aller Western-Spielarten verpönt. Sorry, aber mehr als ’ne Dose Bohnen ist einfach nicht drin.

Bodensee-„Tatort“: „Der Polizistinnenmörder“, So., 20.15 Uhr, ARD

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