der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR:
… scheint eine Herausforderung zu sein – jedenfalls in seiner Darstellung. Unisono werden die beiden Hauptdarsteller des neuen Ang Lee Films „Brokeback Mountain“, Heath Ledger und Jake Gyllenhaal, für ihre Darstellung eines schwulen Liebespaars gelobt. „Die beiden spielen großartig!“, rühmte der Welt bekannteste Schwulenmutti Madonna: „Und sie waren so mutig!“ Mutig? Weil sie zwei Schwule gespielt haben?
Bis es endlich zum Dreh der Lee’schen Cowboy-Lovestory kam, musste einige Zeit vergehen, so viele Darsteller haben abgewunken, und wenn nicht sie, dann auf jeden Fall ihre Agenten. Rassist? Serienmörder? Nazi-Führer? Was für schöne Aufgaben für einen Schauspieler, welche Herausforderungen! Aber einen Schwulen? „Ich wollte nichts damit zu tun haben“, bekennt Gyllenhaal in einem Interview mit der FAS, als er zum ersten Mal von dem Projekt hörte. „Ich wollte bestimmt nicht in einem schwulen Cowboyfilm spielen, das Thema hat mir Angst gemacht.“ Und dann entpuppte sich der Film als eine Liebesgeschichte, „eine wahrhaftige aufrichtige Liebesgeschichte“ (Gyllenhaal), und der Schauspieler sagte zu. Der altbekannte Hollywood-Trick funktionierte auch hier: Will man eine Homo-Geschichte durchsetzen, muss man sie ins Allgemein-Menschliche transformieren, und der Plot ist akzeptiert.
Eine schwule Liebesgeschichte ist nichts Besonderes, wird gerne eingewandt, „eine Liebe wie jede andere auch“, oder was sonst noch für euphemistischer Mist gedichtet wird. Tatsächlich sind wir weit davon entfernt, Homosexualität als etwas ganz Gewöhnliches zu betrachten. Oder wie ist es sonst zu verstehen, dass Politiker Sondergesetze für schwule Paare verabschieden, dass islamistische Diktatoren Homosexuelle aufhängen lassen, dass der Papst gleich alle Homosexuellen verbannen lässt aus seinem Universum? Nein, von Gleichheit wird nur geredet, wenn sich die Geschichte schön vermenscheln lässt. Explizit Homosexuelles hat keine Chancen – wie viele gestandene Hetero-Männer kneifen ganz fest beide Augen zu, wenn sich zwei Kerle auf der Leinwand küssen. „Ich kann mir das nicht angucken“, sagte selbst Jake Gyllenhaal, nachdem er sich gemeinsam mit seinem (Film-)Partner Heath Ledger den fertigen Film angeschaut hatte: „Wir waren beide ein bisschen durcheinander. Aber wir sind beide sehr stolz darauf.“ Arme Jungs!
Es war vor ein paar Jahren an einem deutschen Großstadttheater, da sollte ein hübscher, talentierter Schauspieler einen Schwulen darstellen, so einen, der auf der Klappe steht und anderen Männern lüstern auf die Schwänze schaut. Einen Tag vor der Premiere verschwand der Mann wie vom Erdboden verschluckt. Das ganze Theater, von der Sekretärin bis rauf zum Intendanten, fahndete fieberhaft überall im Land nach dem Hauptdarsteller. Er wurde gefunden und mit aller Kraft auf die Bühne geschubst. Leider, denn er gab einen lausigen Schwulen, und das Stück musste nach ein paar Vorstellungen abgesetzt werden. Der Schauspieler aber war gerettet, er wurde nicht homosexuell wie befürchtet und spielt heute noch sehr schöne Heldenrollen, in TV-Serien und auf Freilichtbühnen.
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