: Schlossgelände für Nazi-Konzerte gekauft
RECHTE Neonazi-Konzertveranstalter Malina erwirbt ein Gelände samt Schlossruine zum Billigpreis, um dort Rockkonzerte zu veranstalten. Gemeinde Oschersleben ist geschockt über den neuen Besitzer
DRESDEN | taz .„Es bleibt die Hoffnung, dass Schloss und Park einen Besitzer erhalten, der die alte Pracht wiederentstehen lässt.“ So schreibt die Gemeinde Oschersleben in Sachsen-Anhalt über das 1999 abgebrannte Schloss im benachbarten Groß Germersleben. Doch solche Investionen sind vom neuen Eigentümer nicht zu erwarten: Bei einer Zwangsversteigerung des Amtsgerichtes Oschersleben ging die Immobilie zum Schnäppchenpreis von 12.000 Euro an den aus Niedersachsen stammenden Rechtsrock-Konzertveranstalter Oliver Malina.
Malina wohnt seit 2007 im nur 20 Kilometer entfernten Nienhagen, dem bisherigen Mekka von Nazi-Konzerten in Sachsen-Anhalt. Offensichtlich soll nun Schloss Germersleben zum neuen Anziehungspunkt für solche Skinhead-Parties werden, wie sie bislang legal in Nienhagen stattfanden. Denn diese 380-Einwohner-Gemeinde hatte die Nazi-Konzerte im Vorjahr satt, nachdem im Mai etwa 1.700 braune Fans zu einem international besetzten Konzert kamen.
Die Bürgerinitiative „Nienhagen rechtsrockfrei“ initiierte eine Abstimmung, bei der sich im Herbst 2012 rund 80 Prozent der Einwohner gegen weitere Konzerte aussprachen. Der Wirt des Veranstaltungsortes „Alte Hopfendarre“ folgte wie angekündigt diesem Bürgervotum und vermietete fortan nicht mehr.
Bei der Suche nach einem Ersatzort bot sich Germersleben an. Wohl kaum wegen der Ruine des ehemaligen Renaissanceschlosses, sondern wegen des dazugehörigen Geländes von 48.000 Quadratmetern, darunter eine besonders geeignete Freifläche. Zum angesetzten Verkehrswert von einem Euro war das Schloss unter den Hammer gekommen, weil der vorige Privatbesitzer keine Grundsteuer bezahlte. Für den 25. Mai hat Malina auf dem Gelände bereits ein Konzert angemeldet, gegen das voraussichtlich auch demonstriert werden wird. „Dieser Verkauf hat uns sehr schockiert“, sagte der Oscherslebener Bürgermeister Dieter Klenke der taz. Klenke hatte damit gerechnet, dass zwei Landwirte den Zuschlag erhalten. Nun müssen er und die Sicherheitsbehörden die Auflagen für dieses Konzert möglichst gerichtsfest formulieren. Dem parteilosen Bürgermeister ist die Nienhagen-Nachfolge unangenehm. Die schon geäußerte Ablehnung der Bürger gegenüber diesen neuen „Banausen“ in der Nachbarschaft hätte genehmigungsrechtlich leider keine Wirkung. Diese Unabhängigkeit auf einer eigenen Immobilie strebte Malina offenbar an. Im Jahr 2010 hatten Neonazis bereits das Schloss Trebnitz erworben und verfügen damit über zwei Großimmobilien in Sachsen-Anhalt.
Pascal Begrich vom landesweiten „Miteinander e. V.“ kritisiert die Behörden. Das Land hätte die Aktivitäten Malinas im Blick haben müssen. „Anscheinend war der Kommunalverwaltung weder Malinas Kaufabsicht noch dessen rechtsextremer Hintergrund bekannt“, schließt Begrich.
Der stämmige glatzköpfige Oliver Malina gilt als einer der Köpfe des Rechtsrock-Netzwerks „Honour & Pride“. Das trat seit 2004 zuerst in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt die Nachfolge der verbotenen Organisation „Blood & Honour“ an. Auf der Bühne in Nienhagen präsentierte es sich ganz offen. Stefan Behrens, Bassist der in Bremen gegründeten rechten Hooliganband „Kategorie C – Hungrige Wölfe“ wohnt ebenfalls in Nienhagen. 2012 hatte es dort noch sechs rechtsextremistische Veranstaltungen gegeben. Neben deutschen Bands wie „Endstufe“ und „Faustrecht“ traten auch Gäste aus Belgien, Italien und den USA auf. Malina soll allein durch den Kartenverkauf für das Pfingstkonzert 2012 mindestens 20.000 Euro eingenommen haben. MICHAEL BARTSCH, ANDREAS SPEIT
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