: „Die Dominanz brechen“
GEGENDENKMAL Klotzfest am Stephansplatz wirbt mit Musik und Texten für ein Deserteursdenkmal
■ 55, arbeitet in der Willi-Bredel-Gesellschaft Geschichtswerkstatt und koordiniert das Bündnis für ein Deserteursdenkmal.
taz: Herr Senenko, wir haben Kirchentag und Hafengeburtstag – wozu braucht Hamburg in diesen Tagen ein Klotzfest?
René Senenko: Das Klotzfest will nicht nur die Hamburgerinnen und Hamburger erreichen. Auch viele der 100.000 Menschen, die hier zum Kirchentag erwartet werden, sollen von unseren Anliegen und Ideen erfahren.
Welche Ideen?
Wir wollen an die Hinrichtung von tausenden Deserteuren der Wehrmacht erinnern. Das machen wir hier am Kriegsklotz. Seit Jahren werben wir dafür, dieses unselige Ehrenmal am Stephansplatz im Sinne des Andenkens an die Opfer der Wehrmachtsgerichte umzugestalten.
Dabei wird dieser doch schon durch ein Gegendenkmal des Bildhauers Alfred Hrdlicka konterkariert.
Hrdlickas Mahnmal gegen Krieg und Faschismus ist ja unvollendet geblieben und kein richtiges Gegendenkmal zum Kriegsklotz. Der Kontrapunkt muss sein, etwas gegen Krieg und für die Opfer der NS-Militärjustiz zu schaffen, was das Hrdlicka-Denkmal mit einbezieht.
Ein Anliegen des Klotzfestes ist bereits erreicht: Der Senat hat am Dienstag grünes Licht für die Errichtung eines Deserteursdenkmals gegeben.
Ja, es wird da einen Künstlerwettbewerb für das Deserteursdenkmal geben, dessen Priorität darin liegt, es am Stephansplatz zu errichten. Das soll aber nicht Bedingung sein.
Was haben Sie für Ansprüche an so ein Denkmal?
Wir wollen, dass es am Kriegsklotz errichtet wird, oder – was noch besser wäre – der Kriegsklotz umgestaltet wird. Seine martialisch-militaristische Botschaft und seine optische Dominanz müssen gebrochen werden.
Drei Tage gestaltet ein breites Bündnis verschiedener Initiativen das Klotzfest, am 4. Mai hingegen die Evangelische Akademie der Nordkirche. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Die Evangelische Akademie hat sehr viel dazu beigetragen, ein Deserteursdenkmal auf den Weg zu bringen. Deshalb haben wir sie eingeladen, den vierten Tag eigenständig zu gestalten.
Wo liegt der Schwerpunkt: Unterhaltung oder Belehrung?
Mit Musik kann man viele Menschen gewinnen, die sich bislang nicht für das Thema interessiert haben. Deshalb liegt hier der Fokus, immer wieder unterbrochen durch kleine Wortbeiträge, Kabarett oder auch Theater. Zwischen 10 und 22 Uhr ist noch bis zum 4. Mai volles Programm.
INTERVIEW: MAC
Programm unter: www.feindbeguenstigung.de
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