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„Wir vermissen fairen Wettbewerb“

Warum NRW eine moderne Wasser-Flotte braucht, sagt der selbständige Binnenschiffer Jürgen Schlieter

taz: Herr Schlieter, braucht NRW mehr Schiffe?

Jürgen Schlieter: Ja. Die Binnenschifffahrt in NRW ist stark ausgelastet. Hier gibt es die meisten direkten Anbindungen zwischen Industrie und Wasser. Große Gütermengen werden per Schiff transportiert. Das ist umweltfreundlich, da wenig Energie verbraucht wird. Die Devise muss lauten, die Binnenschifffahrt zu stärken.

Der BUND kritisiert, die Bahn sei umweltfreundlicher als der Schiffsverkehr. Sie hätte diesen mit schadstoffarmen Motoren abgehängt.

Das würde ich so nicht sagen. Richtig ist: Alle Verkehrsträger wenden neue Technologien an. Manchmal liegt vielleicht einer marginal vorne. Wir tun aber auch was! Etwa gibt es eine neue Verordnung über abgasarme Motoren. Auch die Form der Schiffe wurde verändert, damit durch geringeren Wasserwiderstand weniger Energie verbraucht wird. Damit sind wir bereits ökologisch besser gestellt. Man sollte uns aber nicht nur anschwärzen, sondern mehr Anreize geben.

Ist die geplante steuerliche Begünstigung der Bundesregierung nicht so ein Anreiz?

Natürlich. Das ist für uns sehr wichtig und wurde von unserem Verband schon lange gefordert. Den Unternehmen fällt es aus Kostengründen sehr schwer, ihre Schiffe zu modernisieren. Nun liegt es an der Bundesregierung, das Programm zeitnah umzusetzen.

Der BDS vertritt die selbständigen Binnenschiffer, die stark mittelständisch geprägt sind. Wie profitieren sie von den Steuerbegünstigungen?

Wir könnten künftig bisherige Steuerabgaben für den Verkauf alter Schiffe zu hundert Prozent in den Kauf neuer Schiffe investieren: Das wäre für uns ein wichtiger Eigenkapitalstock. Nötig wäre aber auch ein neues Finanzierungsprogramm, das auf die speziellen Bedürfnisse der selbständigen Binnenschifferunternehmer zugeschnitten ist. Ein Beispiel: Ein 2.000-Tonnen-Schiff kostet zwei bis drei Millionen Euro. Die Finanzierung dauert etwa 20 Jahre. Diese Zeit sollte man den Binnenschiffern geben. Außerdem müssen die Zinsen günstiger werden. Auch die Bedingungen für den internationalen Wettbewerb sollten verbessert werden.

Inwiefern?

Es fehlt an Harmonisierung. Wir vermissen faire Wettbewerbsbedingungen. Das hängt auch mit den anderen Ländern zusammen. Durch die EU-Osterweiterung drücken Polen und Tschechien in unseren Markt hinein: Ihre Binnenschiffer können Frachttransporte viel günstiger anbieten als wir. Solche Ungleichgewichte werden von der Politik nicht wahrgenommen.

Die Niederlande haben längst modernere Schiffe. Hinkt NRW der internationalen Konkurrenz hinterher?

Ja. Die Niederländer haben die effizienteste und modernste Flotte in Europa. Dort wurde schon vor vielen Jahren die Förderung der Binnenschifffahrt vorangetrieben. Bei uns ist der Prozess der Entwicklung zum Erliegen gekommen. Wir brauchen dringend einen Anschub, auch die Politik muss handeln.

Schiffe sind die einzigen Transportmittel, die nicht für ihre Wegstrecken bezahlen müssen. Umweltschützer fordern deswegen eine Maut.

Das stimmt nicht. Wir zahlen schon lange Schifffahrtsabgaben. Richtig ist, dass sie nicht den ganzen Bereich der Wasserwege decken, sondern nur an Schleusen und auf kanalisierten Strecken erhoben werden. Aber die Niederländer müssen gar nichts zahlen.

INTERVIEW: GESA SCHÖLGENS

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