piwik no script img

Martin Reichert über LANDMÄNNERAls Ackermann das silberne Auto stahl

Was tun, wenn der Chef der Deutschen Bank dem privaten Landglück im Weg steht? Stürzen, was sonst!

Das mit dem Josef Ackermann von der Deutschen Bank und dem erneut bevorstehenden Mannesmann-Verfahren kann ich erklären: mein Freund und ich stecken dahinter.

Ackermann von der Deutschen Bank steht nämlich unserem Glück im Weg. Wenn der Ackermann nicht wäre, hätten wir jetzt ein Auto: klein, alt, französisch und silbrig-metallisch schimmernd mit vielen elektrischen Helfern und einem besonderen Clou: einem Radio mit CD-Player inklusive einer ABBA-Gold-CD. Wenn man die Wegfahrsperre deaktiviert und den Zündschlüssel umdreht, dauert es ungefähr drei Sekunden, bis verlässlich „Dancing Queen“ erklingt. Ein feines Auto, es gehört meinen Eltern, die mit CD-Playern nicht viel am Hut haben und deshalb seit zehn Jahren nur eine einzige CD in dem kleinen Schlitz des Radios aufbewahren.

Wenn sie nicht einen Teil ihres sauer verdienten Geldes in den berüchtigten Deutsche-Bank-Immobilienfonds gesteckt hätten, der von Ackermann einfach mal so gesperrt wurde, hätten sie sich ein neues Auto gekauft und mir das alte vererbt. Mein Freund und ich hätten viele glückliche Tage vor uns gehabt, wären mit dem silbernen Auto zum Schiffshebewerk Niederfinow gefahren, um Milchkaffee zu trinken. Oder zum Baumarkt. Oder zu Großmutters Grab.

Stattdessen zeigt der Ackermann heimlich im Bad das Victory-Zeichen und singt dazu „The winner takes it all“. Schließlich sollte sein Ende 2006 auslaufender Vertrag bei der Deutschen Bank „informierten Kreisen zufolge“ noch einmal um fünf Jahre verlängert werden. So lange konnten wir beim besten Willen nicht warten, außerdem lautet die zweite Zeile des Songs: „The loser standing small“. Warte du nur ab, Ackermann.

Wir mussten handeln, ich weiß nämlich nicht, wie lange mein Freunde-Autoleih-System, das sich logistisch durchaus mit dem McKinsey-gestützten Leasing-Modell der Bundeswehr messen kann, noch funktioniert. Es nutzt zwar Synergie-Effekte und ist flexibel und kostengünstig, verwirrt aber im Gegenzug unsere bodenständigen Nachbarn in der brandenburgischen Ackerbürgerstadt. Ständig andere Autos mit obskuren Kennzeichen: Ein Fiat Cinquecento aus Mainz mit Mainzelmännchen auf dem Armaturenbrett („voll schwul“), ein staatstragend blauer Mercedes mit historisch wertvollem Autotelefon und Bonner Kennzeichen („Ich weiß genau, wo SIE herkommen, und Sie müssen nicht glauben, dass SIE sich hier vordrängeln können“), ein schrottreifer VW Golf aus Berlin mit taz-Aufkleber („Das ist dein Dienstwagen??“).

Fest steht, ob man es wahrhaben will oder nicht: Landleben ohne Auto ist nicht schön, denn geglücktes Landleben basiert im Wesentlichen auf dem Individualverkehr. Von ÖPNV weiß man dort nichts.

An Weihnachten hatten wir meine Eltern in Westdeutschland besucht und bei Ausflügen mit dem silbernen Auto laut „Money Money Money“ gesungen: „Must be funny in the rich man’s world“. Ackermann, wir kriegen dich! Die Revision ist erst mal durchgedrückt. Jetzt werden wir dich vor Gericht in Düsseldorf so was von auspacken. Als Nebenkläger alles mal klarstellen. Vor allem das mit den Heuschrecken und Großkopferten, die bräsig in die kleinsten Lebenseinheiten bzw. in das Leben der kleinen Leute hineinregieren und dabei Zigarre rauchen. Immobilienfonds schließen und das Ersparte von westdeutschen Rentnern blockieren und damit auch deren indirekte Aufbau-Ost-Subventionen für den Nachwuchs. Keine Kredite für ökosoziale, generationsübergreifende Wohnprojekte in Ostdeutschland rausrücken und stattdessen das Geld anderer Leute verbrennen.

Mein Freund und ich machen das jetzt mal genau umgekehrt. Wir werden in das Leben der Großkopferten hineinregieren und Ackermann sein persönliches „Waterloo“ beibringen. Und wenn wir schließlich gewonnen haben werden und das silberne kleine Auto mit OHV-Kennzeichen und der ABBA-CD vor der Tür steht, werden wir singen: „Thank you for the Music, Ackermann.“

Auto zu verleihen?kolumne@taz.deMorgen: Robin Alexander über SCHICKSAL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen