JÖRN KABISCH ANGEZAPFT: Wie Kölnisch Wasser
Schon wegen des Etiketts sollte man einen halben Liter dieses Biers kaufen. Denn die Flasche hat Ausstellungswert, auf dem Sims von Omas Küchenbüfett genauso wie auf einem Sideboard der 50er Jahre. Das dezente Schwarz-Weiß des Etiketts erinnert an alte Medizinflaschen, wie man sie von Kölnisch Wasser kennt.
Das ist ziemlich auffällig in dem kunterbunten Etiketten-Allerlei. Bier verbirgt sich heutzutage hinter Softdrink-Fassaden genauso wie in noblen Flaschen, die bisher Whiskey oder Champagner vorbehalten waren. Diese Vielfalt ist auch Beweis für den Umbruch, in dem die Branche steckt. Bier hat Absatzschwierigkeiten, der Durchschnittskonsum sinkt hierzulande seit einigen Jahren. Während die Großen deswegen im Wesentlichen nach neuen Marketing-Ideen fahnden, setzen Kleine – darunter auch die Rittmayer-Brauerei in Hallerndorf, immer mehr auf Klasse.
Der Name „Hausbrauerbier“ auf dem Etikett erinnert an das bis heute bestehende Jedermanns-Recht, für den Hausgebrauch Bier zu brauen. Ganz wie es sich gehört, fließt aus der Flasche ein junges, unfiltriertes Bier mit feiner Kohlensäure, das typische untergärige fränkische Landbier.
Die Apothekerflasche vor Augen ist man versucht, angenehme Hustensaftigkeit zu schmecken. Nach dem leichten Antrunk entwickelt sich eine ausgewogene, süßliche Bitterkeit, versetzt mit würzigen Röst- und Holzaromen, etwas an Echinacea erinnernd. In der Blindverkostung dagegen sind die medizinalen Eigenschaften weit weniger ausgeprägt, die Hefe tritt stärker hervor, vor allem vom Geruch her kommt das Bier an ein dunkles Weizen heran. Besonders hervorstechend ist die Cremigkeit im Mund. Bleibt nur ein Fazit: Wenn sich so eine Flasche gut im Regal machen soll, dann nur ausgetrunken.
■ Hallerndorfer Hausbrauerbier, Brauerei Rittmayer, Alkohol 5 Vol.-%, Stammwürze 12,5 %
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