piwik no script img

Oberster Klimaforscher lehnt persönliche Konsequenzen ab

WISSENSCHAFT IPCC-Leiter Pachauri bedauert falsche Gletscher-Zahlen: „Fehler kam uns teuer zu stehen“

LONDON/BERLIN afp/taz | Die Diskussion über die wissenschaftlich ungenauen Angaben zu den Himalaja-Gletschern im Weltklimabericht von 2007 hat dem Weltklimarat (IPCC) nach Einschätzung seines Leiters geschadet. „Ich glaube, dieser Fehler kam uns teuer zu stehen, gar keine Frage“, sagte Rajendra Pachauri der britischen Zeitung Guardian vom Mittwoch. Jeder habe gedacht, dass alles, was der IPCC veröffentliche, nicht falsch sein könne, sagte er.

Das UN-Gremium war in die Kritik geraten, weil in dem Klimabericht die Rede davon war, dass die Gletscher bis 2035 verschwunden sein könnten. Die Quelle dafür war ein indischer Wissenschaftler, der dieses Datum aber nicht genannt haben wollte. Der IPCC hatte daraufhin den „bedauerlichen Fehler“ eingeräumt.

Eine persönliche Entschuldigung für die Pannen lehnte Pachauri jedoch ab. Der IPCC habe bereits sein Bedauern ausgedrückt und er sei persönlich auch nicht für die fragliche Passage in dem rund 3.000-seitigen Bericht verantwortlich. Die Forderung einer persönlichen Entschuldigung seinerseits bezeichnete er als „populistisch“. Der IPCC-Chef rief indes dazu auf, das „Gesamtbild“ der Gefahren des Klimawandels zu betrachten und sich nicht auf einen Fehler zu versteifen. Dieses Bild sei „solide und überzeugend“.

Pachauri war aus mehreren Gründen persönlich in die Kritik geraten: Noch unmittelbar bevor die Fehlinformation über das schnelle Abschmelzen der Himalaja-Gletscher öffentlich wurde, hatte er für sein eigenes Forschungsinstitut eine Spende über eine halbe Million Euro erhalten, um diese Gletscher zu erforschen. Der deutsche Klimatologe Hans von Storch hatte darum den Verdacht geäußert, Pachauri habe mit der zögerlichen Aufklärung des Verdachts die Gelder für sein Institut sichern wollen. Zudem arbeitet der Glaziologe, der die falsche Jahreszahl erstmals genannt hatte, mittlerweile an Pachauris Institut.

Der IPCC-Bericht von 2007 ist bis heute Basis vieler politischer und wissenschaftlicher Klimadiskussionen. Der Weltklimarat war mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden, weil er den Klimawandel in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt hatte. Ende vergangenen Jahres hatten jedoch Hacker tausende interne E-Mails von Forschern der angesehenen Abteilung für Klimaforschung der britischen Universität von East Anglia (CRU) im Internet veröffentlicht. Danach war den UN-Klimaexperten vorgeworfen worden, Daten vertuscht zu haben, die möglicherweise Zweifel an der These der Erderwärmung stärken. Der IPCC hatte den Hackerangriff als Versuch verurteilt, das UN-Gremium zu diskreditieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen