FILM: Lakonisch provozierend
Mitten drin in den sozialen Auseinandersetzungen, in Küchen, Werkstätten, Wohnzimmern, Fabriken, Kneipen und auf öffentlichen Plätzen. In der deutschen Geschichte wühlen, von Norderney bis in die Alpen, bei kämpfenden Fabrikarbeitern, deutschen Soldaten im Kosovo oder der Cousine von Graf Stauffenberg. Über vier Jahre lang war Regisseur und Grimme-Preisträger Hans-Erich Viet seit der Bundestagswahl 2005 für sein dokumentarisches Roadmovie „Deutschland nervt!“ unterwegs auf der Suche nach den Befindlichkeiten, Stimmungen und Realitäten der Nation. Das Ganze als engagiertes Experiment: immer bereit, sich von den Menschen und Situationen überraschen zu lassen. Ein buntes und bizarres Allerlei all dessen, was in deutschen Geleebananenfabriken oder Schützenvereinen als „normal“ gilt.
Und dabei maximal egalitär: „Der Schlagersänger im Alpenpanorama nimmt sich und sein Metier so ernst wie der taiwanesische Restaurantbetreiber in Berlin-Moabit seine Kochkultur“, weiß Viet nun. Und dass die Realität in den Fabriken ebenso wesentlich ist wie die Erinnerungen einer alten Dame an den Krieg, um zu bestimmen, inwieweit Deutschland eben nervt – ohne seine Faszination zu verlieren. Beim 20. Internationalen Filmfest Emden-Norderney gab es im letzten Sommer für den ostfriesischen Filmprofessor den DGB-Filmpreis für gesellschaftlich besonders engagierte Filme.
Engagiert heißt dabei auch: Gefallen tut eine derart lakonisch provozierende Freilegung zentraler nationaler Nervenstränge nicht allen. Freuen darf man sich also auch auf die anschließende Diskussion mit Viet, der bei der Hamburg-Premiere seines Films am Dienstagabend im Dokumentarfilmsalon im B-Movie zu Gast ist. MATT
■ Di, 9. 2., 20 Uhr, B-Movie, Brigittenstraße 5
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