Atomlobby: Die Macht der Konzerne
Still und leise wird heute aller Wahrscheinlichkeit nach wieder ein Atomtransport durch Nordrhein-Westfalen rollen. Heimlich wird aus der Urananreicherungsanlage Gronau stammendes radioaktives Uranhexafluorid nach Russland geschafft. Sollte es in Kontakt mit der Umwelt gelangen, entsteht zwangsläufig hochgiftige, ätzende Flusssäure – Todesfälle wären nicht auszuschließen.
KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA
Dennoch wird der Atomzug die Städte Gronau, Steinfurt, Greven, Rheine und Bad Bentheim passieren, sogar zwei Mal mitten durch den Hauptbahnhof von Münster rollen – ohne Information der Bevölkerung durch die Behörden. Die Landesregierung schweigt, lässt den Transport aber durch ihre Polizei sichern. Allein der Anti-Atom-Bewegung ist zu verdanken, dass die Transporte überhaupt bekannt werden.
Doch noch weniger scheint große Teile der Politik zu interessieren, was mit dem Hexafluorid in Russland passiert – dass dieses nach der Wiederanreicherung wieder nach Gronau zurückgeliefert wird, will nicht einmal die Geschäftsführung der Urananreicherungs-Betreiberfirma Urenco garantieren. Deutscher Atommüll landet also in einem schwarzen Loch: Hauptsache weg, völlig egal, was die Russen mit dem radioaktiven Material machen. Denkbar ist nicht nur die billige Entsorgung: Nicht einmal ausgeschlossen ist, dass genau der Gronauer Müll nach seiner Wiederanreicherung wieder exportiert wird. Selbst dem Iran hat die russische Regierung die Lieferung von angereichertem Uran angeboten.
Das Schweigen der Exekutive, der Regierungen in Land und Bund, ist mehr als ein Skandal: Aufgeführt wird ein Lehrstück über die Macht der Atomlobby, über die Kumpanei zwischen Politik und Wirtschaft. Hinter der Urenco stehen die Energieversorger RWE und Eon. Und Atomkonzerne können in Nordrhein-Westfalen alles kaufen – sogar eine Professur an der Fachhochschule Düsseldorf.
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