: Ausnahmezustand im Kosmos
Das ehemalige Kino „Kosmos“ wird im März als Amüsierbetrieb wiedereröffnet. Das Motto des Betreibers: „Alles ist möglich“. Unter anderem sind Musicals und Kieztheater für jedermann geplant
VON NINA APIN
Noch ist es ruhig an der Karl-Marx-Allee 123. Die Parkhaus-Kasse steht leer, die Eingangstüren des ehemaligen Ufa-Kinos „Kosmos“ sind mit Baustellen-Warnungen beklebt. Das in den 60er-Jahren erbaute Lichtspielhaus mit dem größten Kinosaal Ostberlins musste vergangenen August wegen Insolvenz schließen. Doch ein riesiges Schild am Straßenrand kündet davon, dass hier bald wieder ordentlich was los sein wird: „Noch 23 Tage bis zur Eröffnungsparty! Feiern, Tanzen, Spaß haben!“
Am 25. Februar soll das Kosmos als Amüsierbetrieb wieder auferstehen. Der Betreiber einer brandenburgischen Großraumdisco will unter dem noch etwas unpräzisen Motto „Alles ist möglich“ Unterhaltung für jedermann bieten. Gebaut wird schon kräftig. Im Foyer kann man ein künftiges Café erahnen, der große ehemalige Kinosaal mit 1.000 Plätzen liegt nackt, ohne Bestuhlung, da. Wechselnde Fremdveranstaltungen sind hier geplant, vom Kongress bis zur Disco. Verbindliche Angaben über Mieter und konkrete Nutzungen kann die Pressedame der Betreibergesellschaft „Kosmos KG“ aber noch nicht machen.
Saal 6 ist hingegen schon fest vermietet und in knalligem Lila herausgeputzt. Hier soll nach den Plänen von Heiko Stang schon bald der Bär steppen, oder besser gesagt: das Krokodil rocken. Der 43-jährige Berliner und ehemalige Musicaldarsteller will mit seinem „Theater im Kosmos“ Musicals und Revuetheater für jedermann bieten. Mit Elton Johns „Crocodile Rock“ in A-cappella-Version präsentiert er der Presse eine Kostprobe des geplanten Programms. Das Comedy-Musical „What a feeling!“ soll ab dem 2. März die Berliner mit 80er-Jahre-Hits von Prince bis Donna Summer von den Stühlen reißen.
Stang fällt es sichtlich schwer, abseits zu stehen, als sich seine sechs Musical-Darsteller händeklatschend zur Klavierbegleitung durch den Song rocken. Gegen Ende, als sich die blonde Leadsängerin für die Fotografen noch mal richtig in Show-Pose wirft, hält es Stang nicht länger: Er stürmt in die Mitte der Bühne und reißt zum finalen „Ooh yeah“ die Arme hoch.
80er-Jahre-Klamotte
Stang stand 15 Jahre lang selbst als Musical-Darsteller für Produktionen wie „Titanic“ und „Cabaret“ auf der Bühne. Im Kosmos-Theater startet er eine zweite Karriere als Produzent, Regisseur und Theaterdirektor. Er will den Erfolg der 2001 in Bonn uraufgeführten 80er-Klamotte „What a feeling!“ in Berlin wiederholen. Dazu gründete er eine Theater-GmbH und trommelte eine Crew von 14 erfahrenen Darstellern aus Deutschland und Österreich zusammen. Mit dem Bezug des „Kosmos“ wurde aus einer Produktion unversehens ein ganzer kleiner Theaterbetrieb mit 19 Mitarbeitern.
Das „Theater im Kosmos“ wird komplett aus privaten Mitteln finanziert. Stang, der eher wie ein Idealist als ein Geschäftsmann wirkt, berichtet freimütig, seine ganze Familie angepumpt zu haben. Er will ein Revuetheater für jedermann etablieren, mit fairen Eintrittspreisen zwischen 12 und 34 Euro. Montags plant er einen Kieztheater-Abend, an dem nach alter Ost-Tradition lokale Gruppen Volkstümliches aufführen sollen. „Junge Leute ohne Geld, Familien mit Kindern, Nachbarn von nebenan“ sind seine Zielgruppe.
In ferner Zukunft will das „Theater im Kosmos“ neben bekannten Rennern wie der „Rocky Horror Picture Show“ auch Eigenproduktionen auf die Bühne bringen. Als Einstand am Haus ist „What a feeling!“ gut gewählt: Es erzählt die Geschichte einer ehemaligen Schülerband, die ihren alten Probekeller gegen einen fiesen Multiplex-Kinobetreiber verteidigen muss. Passend für das Kosmos, das als Bestandteil der Multiplex-Kette zugrunde ging.
„What a feeling!“, Premiere am 2. März 2006, Infos unter www.theater-im- kosmos.de
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