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Der Zorn auf die Mächtigen ist ungebrochen

BRASILIEN Erneut gehen die Menschen gegen Verschwendung öffentlicher Gelder und korrupte Politiker auf die Straße – allein in São Paulo sind es 50.000. Acht Städte wollen Buspreise senken. Präsidentin Dilma Rousseff: Stimmen der Straße müssen gehört werden

AUS RIO DE JANEIRO ANDREAS BEHN

In Brasilien hat sich bereits etwas bewegt. Nach den Massenprotesten am Montag wurden die bis dahin zumeist kriminalisierten Demonstranten gelobt. Die Präsidentin will ihnen zuhören, die rechte Presse spricht von Zivilcourage. Acht Städte kündigten an, die Buspreise zu senken. Doch die Menschen lassen sich nicht irritieren, an vielen Orten gingen sie am Dienstagnachmittag erneut auf die Straße.

Die Forderungen sind unverändert: Rücknahme der Fahrpreiserhöhungen, mehr Geld für Gesundheit und Bildung, Schluss mit der Geldverschwendung, Rücktritt der korrupten Politiker. Das Fußballfest lässt weiter auf sich warten: Die Spiele des Confed Cup im Land interessieren kaum, angeprangert werden die Riesenausgaben für neue Stadien und Verkehrswege.

Zentrum der Proteste war diesmal die Industriemetropole São Paulo. Über 50.000 Menschen zogen vom Zentrum zur schicken Einkaufsstraße Avenida Paulista. Vor dem Gebäude der Stadtregierung kam es zu ersten Rangeleien, später wurden Geschäfte geplündert. Es gab Zusammenstöße mit der Polizei, die Tränengas einsetzte. Wie am Montag setzte die Polizei auf Deeskalation, nachdem vergangenen Woche Hunderte Protestler und viele Journalisten von Gummigeschossen verletzt worden waren. Der Groll gegen die brutalen Sicherheitskräfte war einer der Auslöser der Massenproteste, die Brasilien in Atem halten.

Die Regierung will Spezialeinheiten der Bundespolizei in die Austragungsorte des Confed Cup entsenden, die den reibungslosen Ablauf der Spiele gewährleisten. Vorsichtshalber erklärte der Justizminister, der Auftrag der Truppe sei „vermittelnd“.

Präsidentin Dilma Rousseff nahm am Dienstag erstmals zu den Protesten Stellung. „Die Demonstrationen stellen die Kraft unserer Demokratie unter Beweis“, sagte sie in São Paulo. „Die Stimmen der Straße müssen gehört werden, sie sind eine Absage an Korruption und den falschen Umgang mit öffentlichen Geldern“, so die Präsidentin.

Die Mitte-links-Regierung ist in einer Zwickmühle, sie muss an zwei Fronten kämpfen. Sie muss den linken Demonstranten entgegenkommen, denn die Kritik an öffentlichen Dienstleistungen und der Vetternwirtschaft findet breite Unterstützung in der Bevölkerung. Zugleich nutzt die rechte Opposition den Moment, die regierende Arbeiterpartei als Hauptübel darzustellen. Ihre verfehlte Wirtschaftspolitik sei für Inflation und soziale Probleme verantwortlich. Da die Demonstrationen noch keine klare politische Linie erkennen lassen, könnte es der Rechten gelingen, die Bewegung vor ihren Karren zu spannen.

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