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In die Tonne mit den Zeugnisnoten

„Passen Sie da rein, Herr Rohmeyer?“ Die Initiative „Notenfreie Grundschule“ und der Zentralelternbeirat hatten ihren Gegner in der Bildungsdeputation, den CDU-Bildungsexperten Claas Rohmeyer, klar im Blick. Sie begrüßten die Deputierten vor Sitzungsbeginn mit 212 Zeugniskopien und einer großen roten Mülltonne. Zeugnisnoten in der Grundschule gehören in die Tonne, so die Botschaft der Aktion.

Bildungssenator Willi Lemke ließ sich nicht überreden, die Zeugnisse symbolisch in den Müll zu stopfen. Fraktionszwang, mutmaßten die Eltern und entsorgten die Notenzeugnisse selbst. Ihren eigentlichen Gegner sehen sie in Rohmeyer, an dessen Blockadehaltung die Abschaffung der Grundschulnoten bisher gescheitert ist. Auch der ließ sich auf keine Diskussion ein. Sein Kommentar: „Wenn Sie 400 Zeugnisse gesammelt hätten, wäre es auch egal. Sie kennen unsere Position.“

„Die Blockade der CDU ist überhaupt nicht pädagogisch begründet“, ärgert sich Karin Kiese: „Die argumentieren nach dem Motto: Noten haben uns früher auch nicht geschadet.“ Die Eltern, unterstützt von zwei Grundschulleitern, waren besser mit Argumenten gewappnet. „Wir wollen die Leistung der Schüler steigern. Aber sie sollen nicht auf Noten hinarbeiten, sondern aus einer intrinsischen Motivation heraus“, erklärt Karin Kiese routiniert. „Zensuren spiegeln nur die Rangliste in der Klasse, nicht die Entwicklung jedes einzelnen Schülers“, ergänzt eine Mutter.

Der Landesvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) solidarisierte sich mit dem Protest. Die GEW fordert, die Entscheidung über die Notenbefreiung vom politischen Ränkespiel abzukoppeln und in die Hand pädagogischer Fachleute zu legen. Notenfreiheit in der Grundschule solle zur Regel werden, so die GEW. abe / Foto: Kathrin Doepner

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