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KURZKRITIK: MARCO CARINI, „NO LIMITS“Tabuisierte Themen

Ein Autor dieser Zeitung zeigte sich bereits nach der flüchtigen Lektüre der ersten Seite so angeekelt, dass er eine Besprechung ablehnte. Und ja: Mit seinem Romandebüt macht es Kollege Marco Carini uns auch auf den folgenden 344 Seiten nicht einfacher. Was nicht nur mit seiner Themenwahl zu tun hat.

Zu den schönsten Besonderheiten des Krimis gehört ja die Möglichkeit, den Roman als eine Art Trojanisches Pferd nutzen zu können. Und wenig eignet sich besser als ein Verbrechen, um den Blick der Leser auf unliebsamste, kaum als Unterhaltungsstoff zu genießende Brennpunkte des Lebens zu lenken. Nichts verbietet sich da von selbst.

Carinis üppiger Stoff aber – Missbrauch und Menschenhandel, Pädophilie, Sado-Masochismus, Snuff-Filme und Mord – eignet sich kaum für einen Krimi, der so stinknormal daher kommen will: Die Hauptfigur in „No Limits“ arbeitet als Journalist und lebt in leidlich ungeordneten Verhältnissen, von Frau und Kind getrennt. Die Handlung spielt zwischen Hamburg und Bremen. Der Kontrast zwischen norddeutschem Muff und einem oder zwei der ungeheuerlichen Handlungselemente wäre vielleicht sogar ganz reizvoll gewesen. In ihrer Anhäufung und Verbindung jedoch finden all die tabuisierten Themen dieses Buches höchstens noch als extrem nihilistischer und desillusionierender „Hard Boiled“-Krimi sinnvoll zusammen.

Hätte Carini seine Geschichte etwas geschickter erzählt und mit dem Mut zur ganz tiefen Verdunklung, dann wäre sie zwar ähnlich unglaubhaft – aber in ihrer negativen Überhöhung konsequent, nahezu allegorisch. So aber bleibt „No Limits“ ein nutzloses Spiel mit den Extremen. LARS BRINKMANN

Marco Carini, No Limits. Rotbuch, 352 S., 16,95 Euro

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