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„Diese Urteile werden die USA verändern“

WIRKUNG Die Entscheidungen des Supreme Court bringen die Rechte von Schwulen und Lesben und Transsexuellen weltweit auf die Agenda – auch in Ländern, in denen sie bis heute diskriminiert werden

Boris Dittrich

■ 57, bei Human Rights Watch zuständig für die Gleichberechtigung Homosexueller. Zuvor war der studierte Jurist und Exanwalt Mitglied im niederländischen Parlament.

taz: Herr Dittrich, haben Sie mit den Entscheidungen des obersten US-Gerichts gerechnet?

Boris Dittrich: Erst mal sind das ganz, ganz wunderbare Neuigkeiten. Ich hätte nicht gedacht, dass es so eindeutige Entscheidungen des Supreme Court geben würde. Das sind wirklich ganz, ganz wichtige und starke Signale innerhalb der Vereinigten Staaten, dass die Ehegesetzgebung nicht länger genutzt werden kann, um Homosexuelle und Transsexuelle zu diskriminieren und sie als Menschen zweiter Klasse zu behandeln.

Welche Auswirkungen wird diese Rechtsprechung haben?

Nun, in den USA natürlich eine gewaltige. Auch andere Bundesstaaten werden ihre Rechtspraxis nun ändern und gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit geben müssen, zu heiraten. Diese Urteile werden die gesamten USA verändern.

Und andere Weltregionen?

Wir haben erlebt, was es bedeutet hat, als Präsident Obama sich für die Gleichberechtigung von Homosexuellen ausgesprochen hat, Neuseeland hat unmittelbar nachgezogen und die Ehe geöffnet. Für viele westliche Länder werden diese Entscheidungen einen Vorbildcharakter haben.

Also entwickelt sich in Sachen Gleichberechtigung weltweit vieles zum Guten?

Das ist gleichermaßen falsch und richtig. Wenn wir nach Russland schauen oder auch in Länder wie Moldawien oder die Ukraine, sehen wir, dass auch in vielen europäischen Ländern Homosexuelle noch immer massiver Diskriminierung und Bedrohung ausgesetzt sind. Das jüngste Beispiel ist das Propaganda-Gesetz, das Putin erlassen hat und damit die Arbeit von Organisationen, die sich für die Gleichberechtigung von Homosexuellen einsetzen, massiv erschwert. Wir dürfen uns durch die jüngsten Entscheidungen von US-, französischen und deutschen Gerichten nicht täuschen lassen. Auch in vielen afrikanischen Ländern ist die Entwicklung eher rückläufig, und die Diskriminierung nimmt wieder zu.

Also doch nur getrübte Freude an diesem Tag?

Nein, die Entscheidungen sind großartig und ganz wichtig: Sie bringen die Rechte von Schwulen, Lesben und Transsexuellen weltweit auf die Agenda und geben uns Kraft und Hoffnung, auch den Politikern, die gegen Diskriminierung kämpfen. Aber der heutige Tag muss uns auch daran erinnern, dass es noch viel zu tun gibt. INTERVIEW: INES POHL

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