EINFACHES REZEPT: Strahlender Knofi
Ich saß in der Küche und war gerade dabei, ein Rezept für Bärlauchbutter im Zeit-Magazin zu überblättern. Wozu braucht es ein Rezept, um Butter mit Bärlauch und Salz zu vermischen? Nur um mich bestätigt zu fühlen, las ich das Rezept dann doch. Es war genau so, wie ich vermutet hatte: „Man kann die Bärlauchblätter mit weicher Butter und etwas Meersalz pürieren.“
Ohne das Rezept zu Ende zu lesen, ging ich zum Kühlschrank, wo ich nur noch ein Viertelstück Butter fand. Bärlauch hatte ich gar keinen da, dafür aber Knoblauch. Knoblauch ist immer da, freute ich mich. Bis mein Blick auf das Ende des Rezeptes fiel. Da ging es um Knoblauch, weil Bärlauch ja ein wilder Bruder von ihm ist. Ich las über den „Wahnsinn“, dass es Knoblauch das ganze Jahr über gibt, obwohl er nur einmal im Jahr geerntet wird, im Sommer, und dass die Knollen monatelang in Kühllagern liegen, in Chlor gewaschen und mit ionisierenden Strahlen behandelt werden. „So hat man das ganze Jahr über strahlend weißen Knoblauch, der spätestens ab März schmeckt, wie es im Keller riecht.“ Obwohl mir der Appetit fast ein wenig vergangen war, holte ich meinen Knoblauch hervor und brach zwei Zehen ab. Sie rochen tatsächlich nach muffigem Keller. Egal. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, jetzt und sofort diese Butter zu machen, auch wenn ich mich mit nach Keller riechendem Knoblauch begnügen musste. Im Handumdrehen waren die Butter, das Meersalz und der Knoblauch so geschmeidig miteinander vermengt.
Nach einer halben Stunde im Gefrierfach war die Butter fest und ich schmierte sie auf ein getoastetes Brot. Sie schmeckte überraschend stark nach Knoblauch und zum Glück nicht so, wie es im Keller riecht. Das hätte mich auch verdammt gewundert. Schließlich wohne ich in der vierten Etage. Dort muss nicht alles so schmecken, wie es riecht. BARBARA BOLLWAHN
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