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„Empfohlen von Schirakk“

Seit Entschii Kanzlerin ist, bekommt Coiffeur Udo Walz sie nur mehr selten in den Salon. Prompt geschah das erste Unglück: ein französischer Haarschnitt bei Monsieur Boris. Wird Udo es retten?

VON ALBERT HEFELE

Mal ganz grade raus: Wir alle haben die Merkel unterschätzt! Da wollen wir doch gar nicht mehr drum herumreden. Und nun kucken wir in die Röhre und schmollen ein wenig beziehungsweise murmeln hintenrum im Sinne von „Das dicke Ende kommt noch“. Im Salon von Udo Walz, der schon immer Bescheid gewusst hat, herrscht aber ständige Siegerstimmung, und seit Entschii Kanzlerin ist, hat sie sogar einen eigenen Frisierstuhl. Auf dem darf außer ihr niemand sitzen, und die Haare werden ihm schon gar nicht gelegt. Darauf hat Udo mit der Kanzlerin sogar um einen Kasten Schampus gewettet, als sie noch regelmäßig da war. Weil, das ist der Haken: Seit die Kanzlerin Kanzlerin ist, kommt sie gar nicht mehr so oft …

Angela (leutselig zu einer grade des Weges kommenden Aufwartfrau): He da, Sie da! Kommse mal ran hier!

Die Aufwartfrau (schlurft herbei): Und?

Angela (leger aufgelegt): Könnten Sie wohl so freunlich sein und den Herrn dieset Ettablissemengs beibringen?

Die Aufwartfrau (schnippisch): Nee, da könnte ick nich. Ick haab nämlich watt zu arbeeten!

Angela (noch aufgeräumt): Ja jute Frau, det sehe ick wohl und et ist mir ooch ein Wohljefalln, aba trotzdem würde ich janz dringend den Herrn Udo benötijen.

Die Aufwartfrau (kühl): Tja, dann müssen Se sich ehmt ’n halbet Stündchjen jeduldn. Der Herr Udo jeht nämlich nich auf Pfiff. Aufwartfrau geht schrubbend ab

Angela (Mund offen): Na, det sind ja scheene Sittn. Udoooo! Deine Kanzlerin möchte die Haare geschnittn haam! Aba dalli!

Udo Walz taucht extralangsam hinter einer Palme auf

Angela (leicht vorwurfsvoll): Na, da biste ja. Sag mal, dein Personal war ooch schon freundlicher. Man könnt ja grade mein’, die kenn mich gar nicht …

Udo (spitzmündig): Des wäär ja auch kein Wund’r nicht. Du hascht uns ja auch schon länger nicht mehr die Ääähre gegääbän …

Angela (wie bescheiden): Du wirst et nich glauben, ick hatte ooch det ein oder andere zu erledijen. Ick bin nämlich seit neuestem Kanzlerin, wenn de dich erinnerst …

Udo (hochmütig): Und ob ich mich ärinnerää. Ich hatte ja auch einen kleinen Anteil daran.

Angela (hohl): Anteil daran?

Udo (bitter): Des hasch du wohl schon wieder vergässen. Na ja. Ägaal … (ihr beiläufig die Fransen zausend) Was ischt denn das? Eine Frisur ischt das jädenfalls nicht. In meinem Betrieb wird eine solche Arbait jädenfalls nicht abgeliefert.

Angela (eitel errötend): Ach, det war in Bogotaaa – oder gar in Montevideo? Ein gewisser Müssiööö Boris … den hat mir Schirakk empfohlen …

Udo (Hausfrauenseitstütz): Schirakk. Ja freilich, weil ein Franzoosää auch schon eine Ahnong vom Haareschneiden hat. Schau d’r doch dem seine Putzwoll einmal an …

Angela (glotzäugig): … aber er hat et doch nur jut jemeint …

Udo (sie frech nachäffend): … jut jemeint, jut jemeint. Musch du jedem Grasdackl nachrennen?

Angela (baff): Aber Udo …

Udo (in Fahrt): Nix da „Udo“! Da hat man sich jahrelang Mühe gegääben, dass du en d’r Öffentlichkeit was daarschdellsch ond meinen – äh – onseren Namen in die Welt hinausdräägsch – ond jetzt so eine Frisuuur!

Angela (bleich): So schlecht sieht et doch gar nich aus … find ich.

Udo (nicht zu bremsen): Fendsch du! Ja, ja. Wenn du die Frisur häddesch, die dir gefällt, weischt du, wo du dann heudde wärscht?

Angela (gelähmt): Wo?

Udo (streng): Am Aarsch wärsch du. Ze-Dä-Uuu-Ordsvorsizzende am Aaarsch der Wält!

Angela (schlaff): Aaber Udoo!

Udo (sie wild einschäumend): Ja, ja. Zerscht ischt man rächt. Da wärden die großen Pläne geschmiidät. Da lässt man sich gerne bäraatään. (Dreht energisch Wasser auf) Ond wenn elles erreicht ischt, dann hat der Udoo ausgäschissen!

Angela (blubbernd): Abbbrrrrudoooo …

Udo (sich in Rage rubbelnd): Aus den Augään, aus däm Sinn! D’r Koafööör hat seine Schuldigkeit getaan, d’r Koaföör kann gähen.

Angela (dumpf unter dem Handtuch): Aammuuuummmooo …

Udo (immer noch sauer): Pfeifendeckel. Von heita an nur noch Dienscht nach Vorschrift. Wie soll mers schneiden?

Angela (um gut Wetter bemüht): Das ett ehmt gut aussieht … wie immer ehmt …

Udo (triumphierend): Dass ischt leichter gesagt als getan, liebe Angälaa.

Angela (im Eimer): Aaaba Udooo …

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