: Reden über Bilder des Tons
FORUM Bei „The Look of Sound“ sind am heutigen Samstag Werke von Frank Scheffer zu sehen – und letzte Diskussionen über die Vermittlung von Musik im Film möglich
Am Samstag um 11 Uhr werden Filme von Frank Scheffer und den anwesenden Regisseuren auf allen Abspielplätzen gezeigt.
■ Um 14 Uhr endet das Fernsehforum mit einem Imbiss
■ Während des Festivals und später auf Anmeldung besteht die Möglichkeit, aus der umfassenden Sammlung des Fernsehforums Filme vor Ort anzusehen (keine Ausleihe)
■ Der Tagungsort liegt in Findorff, etwa auf Höhe des Schlachthofs: Katrin Rabus Kulturprojekte Plantage 13
■ Weitere Informationen: www.fernsehforum-musik.de
Von WILFRIED HIPPEN
Man wolle erfolgreich sein und ein junges Publikum ansprechen. So brachte die Redakteurin eines der digitalen Spartensender des öffentlich rechtlichen Fernsehens dessen Credo in einem Telefongespräch mit Katrin Rabus auf den erstaunlich darwinistischen Punkt. Sie gab der ehemaligen Rundfunkrätin damit zu verstehen, dass klassische oder gar Neue Musik in dem von ihr mitgestalteten Programm kaum Chancen hätten. So fiel dann die angekündigte Diskussion zu „Möglichkeiten der Digitalkanäle“ am Donnerstag gleich ganz aus, und stattdessen wurde die vor kurzem von 3sat ausgestrahlte Dokumentation „Chopin in der Oper“ gezeigt.
Dass die so genannte „ernste“ Musik in den populären visuellen Medien einen schweren Stand hat, ist einer der Gründe dafür, warum die Bremer Kulturvermittlerin Rabus das Forum „The Look of Sound“ gegründet hat, das in diesen Tagen zu sechsten Mal stattfindet. Aber der Titel (der auf Deutsch nicht halb so elegant klingen würde) weist auch auf ein ästhetisches Problem hin, an dem sich die Regisseure, Musiker, Theoretiker und Journalisten auf diesen Tagungen immer wieder abarbeiten: Wie bringt man die Bilder mit den Tönen zusammen? Der holländische Filmemacher Frank Scheffer, dessen Werk im Mittelpunkt der diesjährigen Tagung steht, verkündete in seinem Vortrag radikal, die beiden hätten im Grunde nichts miteinander zu tun: Man hört das Eine, sieht das Andere und damit Schluss!
Diese Radikalität dürfte er sich bei seiner langjährigen Zusammenarbeit und Freundschaft mit John Cage angeeignet haben, aber dann hat er halt doch immer wieder Filme über Musiker und deren Kompositionen gemacht. Ein Mann also, der sich der Widersprüche bewusst ist, in denen er lebt. Dabei hat er inzwischen sogar Filme gemacht, die integraler Bestandteil der Musikstücke sind. Das „Helicopter String Quartet“ von Karlheinz Stockhausen kann man nur dann wirklich in seiner konzeptionellen Schönheit erkennen, wenn man Scheffers Film sieht, in dem jeder der vier Streicher mit seinem Instrument in einen Hubschrauber steigt und dann im Fluge synchron mit den andern das Stück spielt.
Spannend an Scheffers Arbeiten ist auch, dass er auf oft auf Seitenwegen eindrucksvolle Bilder zu den Klängen gefunden hat. So sind für ihn offensichtlich die Proben der Musiker fruchtbarer als die Vorführungen selbst. Minutenlang beobachtete er etwa mit der Kamera den Dirigenten Riccardo Chailly dabei, wie er und sein Orchester sich eine Mahler Sinfonie erarbeiten, und der Musik von Elliot Carter kommt er sehr nah, wenn er zeigt, wie dieser eine Pianistin bei der Interpretationen einer seiner Kompositionen korrigiert.
Zum ersten Mal spielten Musiker passend zu den Vorträgen. So interpretierte etwa die Flötistin Carin Levine ein Stück von Edgard Varése, das gleich danach auch in Scheffers Film über den Komponisten im Rahmen einer assoziativen Bildmontage verarbeitet wurde. So werden auf diesem Forum nicht nur Bild und Klang, sondern auch Theorie und Konzert, Nachdenken über das Medium und Aufführung verbunden.
Das Renommee des Forums wird auch dadurch deutlich, dass der Fernsehsender Arte in diesem Rahmen die Premierenveranstaltung des Films „Soldatenliebschaft“ von Myriam Hoyer über die erste Oper des damals 12-jährigen Mendelssohn-Bartholdy veranstaltete. Eine sehr konventionelle Mischung aus Lehrfilm und Kinderoper, bei der sich Musikhistoriker und Marionetten abwechseln. Aber darüber kann auf dem Forum ja noch schön gestritten werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen