Die neutrale Schule: Kein Kreuz, kein Kopftuch
Nicht ohne Grund warnen ausgerechnet die Kirchen vor einem Verbot des Kopftuchs: Geblendet durch ideologische Scheuklappen setzt ausgerechnet die CDU-geführte Landesregierung alles daran, sämtliche religiösen Symbole aus den öffentlichen Schulen zu verbannen. Das Kopftuch sei Zeichen eines islamistischen Fundamentalismus, predigen die regierenden Christdemokraten und Liberalen seit Jahren. Eine Frau mit Kopftuch lehnt die freiheitlich demokratische Grundordnung ab, basta – so einfach, so schlicht ist das Weltbild der Landesregierung.
KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA
Ganz anders natürlich die Nonnentracht, das Kreuz, die jüdische Kippa: Die stehen für CDU und FDP für die abendländisch-christliche Tradition, auf die sich schließlich auch die nordrhein-westfälische Landesverfassung berufe. Deshalb ist es für Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und seine Minister ganz selbstverständlich, dass Lehrerinnen und Lehrer Kreuz oder Kippa auch im Unterricht tragen dürfen. Nicht umsonst schmückt ein Kreuz auch den Fraktionssaal der CDU im Landtag.
Doch Kirchenrechtler erkennen, was die bürgerlich-konservativen Ideologen nicht sehen wollen. Verfassungsrechtlich dürfte eine derartig plump begründete Diskriminierung des Islam nicht zu halten sein. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht mit Blick ins ebenfalls CDU-regierte Baden-Württemberg bereits die Gleichberechtigung aller Religionen gefordert.
Zu begrüßen ist das Kopftuchverbot dennoch. In einer durch Zuwanderung geprägten multikulturellen Gesellschaft ist schlicht nicht einzusehen, warum Lehrerinnen oder Lehrer im Unterricht Sympathien für irgendeine Religion durch Kleidung bekunden müssen. Schließlich ist deren einziger Dienstherr der Staat – und der ist zur Wertneutralität verpflichtet.
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