: Immer rein in die gute Stube
SERVICE Bei Problemen mit einem Apple-Produkt geht man am besten doch in den Apple Store? Oder vielleicht auch nicht. Ein Besuch der Apple-Residenz am Kurfürstendamm heißt wirklich, in den sauren Apfel zu beißen
VON BRIGITTE WERNEBURG
Für 6.50 Uhr wurde mir dann ein Termin angeboten. Für diese Uhrzeit hat mir noch nie jemand einen Termin vorgeschlagen. Kein Arzt, kein Rechtsanwalt, keine Kosmetikerin, kein sonstiger Dienstleister. Wer arbeitet schon um diese Zeit? Nur Apple. Weil nämlich im Apple Store am Kurfürstendamm amerikanische Sitten herrschen. 18.50 Uhr oder umgangssprachlich zehn vor sieben heißt dort dann 6.50 Uhr. Auch wenn’s kein Aas versteht.
So fing das alles an
Mein iPhone funktionierte nicht mehr. Der Laden in der Friedrichstraße, aus dem es stammt, hat den unschlagbar schlechtesten Service, den ich kenne. Kein Wunder also, dass ich von dort sofort in den Apple Store an den Kurfürstendamm weitergeschickt wurde.
Eine Beschreibung des recht penetrant als eine Art Edelgarage designten Ladens erübrigt sich wohl. Wahrscheinlich hat schon jeder mit Ausnahme von mir die weitläufige und riesige Halle besucht und weiß bestens Bescheid über die vielen flachen Vitrinen mit den Apple-Produkten, um die herum jede Menge Kunden stehen – und jede Menge Apple-Angestellte, die alle ganz eifrig in ihre Taschenrechner tippen.
Natürlich sind das ihre iPhones. Weil aber das ganze Getümmel stark an einen Basar erinnert, denke ich unwillkürlich an Taschenrechner.
Noch ist meine Welt in Ordnung.
Bis mich am Eingang des Ladens ein Apple-Angestellter abfängt. Denn nun erfahre ich: Es darf da nicht einfach jeder so rein. Ich werde gefragt, ob ich denn einen Termin habe? Nein, aber ein kaputtes iPhone. Der Türsteher verweist mich an die Apple-Angestellte bei der nächsten Vitrine, die vielleicht helfen könne. Kann sie leider nicht. Sie schickt mich zu einem weiteren Apple-Angestellten, ebenfalls eine taube Nuss – aber immerhin gibt er mir den Tipp mit den sogenannten Technikern, die man an den roten iPads (anstelle der iPhones) erkennen kann.
Davon gibt es aber um 17 Uhr in dem ganzen Laden nur einen einzigen Mann – vor dem naturgemäß eine lange Schlange von Leuten steht. Der sogenannte Techniker schaut in seinem roten iPad Termin und Namen nach und bringt den Kunden dann mit einem weiteren Apple-Mann oder einer Apple-Frau zusammen. Offenbar wirklich und endlich mit jenen, die was von den Produkten verstehen. Dass sich diese Pärchen dann nicht gleich mit „Give me five“ abklatschen vor lauter Begeisterung, dass sie es mit Termin und fünf Stationen endlich geschafft haben, zusammenzufinden, wundert mich dann schon.
Ich aber werde vorher bereits von einer iPhone-und-nicht-iPad-Angestellten abgefangen und gefragt, ob ich denn einen Termin habe. Habe ich nicht. Brauche ich aber, darauf besteht sie. Um – wie bereits erwähnt – 6.50 Uhr soll ich noch mal antanzen. Dass ich frage: „AM oder PM?“, ist nicht wirklich hilfreich. Ihre verwirrte Antwort: „Sie müssen aber einen Termin machen.“ Darauf ich patzig: „Muss ich nicht. Ich geh jetzt zu Gravis, und Sie, Sie können mich mal.“
Bei Gravis steht eine Maschine, die ist eine Kombination aus iPhone- und iPad-Angestellten: Ich gebe ihr meinen Namen, und sie sagt mir im Gegenzug, dass noch vier Leute vor mir dran sind und dass ich warten solle. Nach zehn Minuten erkläre ich einer Angestellten mein iPhone-Problem. Sie überlegt, tippt auf Hardwareschaden, sagt aber, sie werde noch jemanden zurate ziehen.
Nach fünf Minuten ist sie wieder da, drückt den Ausschaltknopf und den Home-Button gleichzeitig, und siehe da, mein iPhone funktioniert wieder. „Die verschlucken sich manchmal“, habe der Techniker gesagt. So kann man es zurücksetzen.
Warum weiß das eigentlich niemand im Apple Store? Bei Gravis ist nach fünfzehn Minuten mein Problem gelöst, in der Zeit hatte ich am Kurfürstendamm gerade mal den einzigen roten iPad-Typen entdeckt. Nun ja, bei dem Apple-Prozedere geht es ja auch nicht um die Kunden, es geht um die Juristen. Nur deshalb gibt es das ganze affige Getue, das nicht ohne Grund an Kafkas „Vor dem Gesetz“ erinnert, mit „Concierge“ genannten Türstehern und der „Genius Bar“, wie die ultraprätentiösen Marketingheinis von Apple den Service umgetauft haben. Ich nehme an, weil er das Gegenteil von genial ist. Dafür aber prozesssicher. Denn wird das Protokoll nur genau eingehalten, hat keiner eine Chance, zu klagen. Wegen des Scheißservice zum Beispiel.
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