: „Es werden nur 30 Läden übrig bleiben“
Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden rührt die Werbetrommel für seine Einrichtungen. In Schülerläden würden die Kinder viel intensiver und lebensnaher betreut als in den Horten der Grundschulen
taz: Herr Kern, wie viele der ehemals 250 Schülerläden haben die Umstrukturierung überlebt?
Roland Kern: Es gibt noch ungefähr 220 Schülerläden. 80 von ihnen sind Kooperationen mit Schulen eingegangen. Sie müssen sich aber teilweise in Horte umwandeln.
Letzten Juni haben Sie prophezeit, dass nur 20 Prozent der Schülerläden übrig bleiben würden. Warum ist es jetzt doch besser ausgegangen?
Die Erzieher aus den Schülerläden bringen eine Menge Erfahrung mit. Das wollten sich die Schulen, die eine Kooperation eingegangen sind, zunutze machen. Außerdem verleiht die Kooperation mit Schülerläden einer Schule ein besonderes Profil und macht sie attraktiver.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Grundschulen und den Schülerläden?
Ich habe positive Rückmeldungen. Manche Schulen hatten zunächst Angst, dass die Zusammenarbeit nicht funktionieren würde. Diese Befürchtungen haben sich größtenteils nicht bestätigt. Die Schülerläden müssen sich teilweise noch daran gewöhnen, dass sie in der Kooperation nicht mehr ganz so eigenständig arbeiten können wie vorher.
Wie hat sich der Alltag in den Läden dadurch verändert?
Das hängt von der Art der Kooperation ab. Teilweise arbeiten Erzieher aus den Schülerläden im vormittäglichen Schulbetrieb mit. Da ist richtig etwas zusammengewachsen. In vielen der Kooperationen hat sich aber nicht viel geändert. Dort übernehmen die Schülerläden wie auch vorher schon lediglich die Nachmittagsbetreuung. Ob sich da noch Annäherungen ergeben, hängt im Wesentlichen von der Zusammenarbeit zwischen Erziehern und Lehrern ab. Die klappt noch nicht immer so gut.
Wird es einen stärkeren Trend zum Schülerladen und zu Kooperationen zwischen Schulen und Schülerläden geben?
Nein, die Betreuungsform Schülerladen ist leider ein Auslaufmodell. Bis auf wenige Inseln wird sie in zwei bis drei Jahren nicht mehr existieren. Da werden nicht mehr als 30 übrig bleiben. Das liegt daran, dass Berlin sich so strikt auf das Modell Hort in Schulräumen festgelegt hat. Die Schülerläden, die jetzt in Kooperationen mitarbeiten, werden sich langfristig größtenteils zu Horten umwandeln lassen müssen. Das ist ein großer Verlust. Ich bin nicht gegen Schulhorte, aber sie sollten nicht die einzige Möglichkeit sein. Gerade auch in ihrem eigenen Interesse sollte es einen Wettbewerb der guten Konzepte geben.
Welche Vorteile hat denn ein Schülerladen gegenüber einer schulinternen Hortbetreuung?
Durch die ehrenamtliche Mitarbeit der Eltern werden Gelder frei für eine bessere Personalausstattung. Die Atmosphäre eines Schülerladens ist sehr viel familiärer und kindgerechter als die eines großen Hortes. Außerdem glaube ich, es ist besser, wenn Kinder nicht den ganzen Tag im Schulgebäude hocken. Das, was auch die Schulen wollen, dass nämlich die Kinder sich dem Leben und ihrem Umfeld öffnen, das passiert im Schülerladen.
Interview: Sophie Diesselhorst
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