: Snowden in Moskau, US-Beziehungen im Keller
RUSSLAND/USA Das Asyl des US-Whistleblowers Edward Snowden kühlt das Klima zwischen den Supermächten ab. Der für September geplante Gipfel zwischen Obama und Putin wird wohl ausfallen
■ Nach der Enthüllung der NSA-Ausspähaktionen in Deutschland hat die Bundesregierung eine Verwaltungsvereinbarung mit den USA und Großbritannien aus dem Jahr 1968 zur Übermittlung von Daten an alliierte Geheimdienste gestoppt. „Im gegenseitigen Einvernehmen“, teilte das Auswärtige Amt am Freitag mit. Allerdings ohne Konsequenzen: Die früheren Alliierten könnten „auf Grund des ihnen nach dem Zweiten Weltkrieg zugewachsenen Besatzungsrechts weiterhin in Deutschland abhören“, so der Freiburger Historiker Josef Foschepoth. Und Daten anfordern. (rtr, dpa)
MÖNCHENGLADBACH taz | Selten fand eine Entscheidung der russischen Regierung in der Bevölkerung so breite Zustimmung wie die Asylgewährung für den US-Whistleblower Edward Snowden. Doch größer als die Schadenfreude ist das nervöse Unbehagen angesichts der zu erwartenden Verschlechterung des Klimas zwischen den beiden Großmächten. So berichten Russlands Medien im Fall Snowden vor allem über die Reaktionen der US-Regierung, spekulieren über das „Wie“ der zu erwartenden Abkühlung zwischen Russland und den USA.
Russische Experten rechnen mit einer Absage des für den 9. August geplanten Treffens der Verteidigungs- und Außenminister Russlands und der USA in Washington. Das nach dem G-20-Treffen in St. Petersburg Anfang September angesetzte Gipfeltreffen von Obama und Putin in Moskau werde wohl kaum zustande kommen, berichtet das Internetportal kommersant.ru unter Berufung auf Quellen aus der US-Regierung. Auch die nach dem Terroranschlag von Boston im April intensivierte Zusammenarbeit zwischen russischen und US-amerikanischen Kriminalpolizisten werde eingefroren werden, zitiert Interfax eine Sprecherin des Weißen Hauses.
Russlands Opposition und Menschenrechtsbewegung begrüßen die Asylgewährung für Snowden. Es sei schon sehr ironisch, so der Oppositionspolitiker Oleg Koslowski, dass sich Obama nie über die Repressionen gegen die russische Opposition beklagt habe. Erst jetzt, bei der Asylgewährung für Snowden, drohe Washington mit der Absage des Gipfeltreffens. Es könne doch nicht sein, so die Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina, dass die beiden Großmächte ihre Beziehung vom Asylantrag eines jungen Mannes abhängig machten.
Snowden selbst, so russische Medien, wird sich in den nächsten Tagen um seine privaten Angelegenheiten kümmern. Der Besuch seines Vaters in Russland und die Suche nach einem Job stehen auf dem Programm. Letzteres dürfte ihm nicht schwer fallen. Diese Tage bot Pawel Durow, Gründer des größten russischen sozialen Netzwerkes vkontakte.ru, Snowden eine Stelle in der Konzernzentrale in St. Petersburg an. BERNHARD CLASEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen