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SPORTPLATZAußer zwei Böllern keine Exzesse

ZWEITE LIGA Bei Dynamo Dresden gegen Union Berlin treffen auch berühmte bis berüchtigte Fanszenen aufeinander. Am Freitag ging es nur verbal rund. Und Union siegte 3:1

Wenn Dynamo Dresden gegen Union Berlin spielt, ist das immer etwas Besonderes. Früher war Dynamo eine größere Hausnummer als Union, das zu DDR-Zeiten zwischen Oberliga und Zweitklassigkeit pendelte. Unions Pressesprecher Christian Arbeit erinnert sich: „Spiele zwischen beiden Vereinen glichen einem Duell David gegen Goliath. Das ist jetzt nicht mehr so.“ Jetzt arbeiten sich die beiden auf Augenhöhe aneinander ab. Am Freitagabend gewann der einstmalige David verdient mit 3:1.

Fast 30.000 Zuschauer, darunter gut 2.000 Union-Supporter, verwandelten die Dresdner Arena in einen tosenden Kessel. „Da ist die Hölle los“, warnte Unions Spielführer Torsten Mattuschka mit wohligem Gruseln. „Beide Fanszenen sind total intensiv“, sagt Arbeit. Vor Ausschreitungen durfte man daher durchaus Angst haben – außer dass zwei Böller krachten, blieb es im Stadion aber ruhig.

Dresdens Anhang sorgt dabei seit Jahren mit Gewaltexzessen und rassistischen Ausfällen für Schlagzeilen. Jetzt griff der DFB rigoros durch und verwehrte den Sachsen die Teilnahme am Pokalwettbewerb 2013/14. Fan-Initiativen wie „Love Dynamo, Hate Racism“ oder „Der Ball ist bunt“ versuchen, an der Dynamo-Basis gegenzusteuern.

Aus dem Block der Dynamo-Ultras prasselte Sonderapplaus auf jene Eisernen, die in Sachsen als Fluthelfer tätig geworden waren – rund 100 Köpenicker hatten sich dazu über Facebook zusammengefunden. Doch als der Union-Chor ein „Scheiß Dynamo“ anstimmte, war es mit dem Kuscheln vorbei. „Ihr seid Preußen, asoziale Preußen“, schallte es lautstark zurück.

Nach wenigen Spielminuten auf dem Rasen richtete sich der Dynamo-Frust gegen die eigene Mannschaft, die gegen dominierende Unioner keinen Stich machte. Schnell führte der Gast aus Berlin durch Tore von Sören Brandy (23.), Mattuschka (25.) und Kreilach (37.). Jetzt machte die tonangebende schwarz-gelbe Dynamo-Gemeinde die eigenen, konsternierten Spieler mit einem schrillen Pfeifkonzert nieder. Das unterscheide beide Fan-Welten, findet Union-Sprecher Arbeit: „Bei uns gibt’s vor allem eine positive Unterstützung der Mannschaft.“ Notfalls stimmen die Eisernen bei sich abzeichnenden hohen Niederlagen ironisch das Liedchen „Das ist ne ganz enge Kiste!“ an.

Elf Gräber für Dynamo

Wie beklemmend sich Dynamo-Fans an ihrer Mannschaft abreagieren können, zeigte ein Vorfall im November 2008: Nach einer 0:3-Heimniederlage gegen Paderborn hoben Anhänger des Klubs auf dem Trainingsplatz in Dresden elf Gräber aus und stellten Holzkreuze auf. „Das ist ziemlich schockierend, wenn man das sieht. Eine makabre Aktion, die Spieler unter Druck setzen kann“, kommentierte der damalige Dynamo-Stürmer Halil Savran die Scheinbestattung der Mannschaft.

In Union-Fankreisen hatte zuletzt dagegen ein Transparent der Gruppierung „Crimark“ aus Brandenburg für Aufregung gesorgt. Es war am 12. Mai im Stadion an der Alten Försterei beim Heimspiel gegen Duisburg aufgetaucht. Einige Mitglieder von „Crimark“ stehen unter Rechtsextremismusverdacht. Der Brandenburger Verfassungsschutzbericht 2012 erwähnt die Gruppierung. „Wir haben Kontakt zu der Gruppe aufgenommen und deutlich gemacht, dass sie bei uns nicht erwünscht ist“, erklärt Christian Arbeit. In Dresden wurde das Transparent im Union-Block jedenfalls nicht gesichtet.

JÜRGEN SCHULZ

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