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hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Here we are now, entertain us.“ Was ja zuallererst mal das Grundgesetz des Unterhaltungsgeschäfts ist, das mit dem Entertainment. Auch wenn es manchmal Wichtigeres zu geben scheint. Und jetzt die Schalte nach Mali. Ein zerrüttetes Land mit einem Hauen und Stechen, in dem gerade ein neuer Präsident gewählt wurde. Und ein Land mit einer großartigen Musik – im Norden etwa der sandgestrahlte Tuareg-Trancerock (zum Beispiel bei Tamikrest, die am 30. Oktober im Frannz spielen) und sonst mit einer reichen Palette an einem in allerlei Richtungen hin ziselierten Afrobeat, bei dem man es bei Ben Zabo und seiner Band mit einem verschärften Rockanteil zu tun hat plus einem nicht nur dezenten Funkgefühl, wenn dann der Bläsersatz nach vorn an die Rampe tritt. Das schüttelt alle Füße wach, und die leichtfüßig tänzelnden Gitarrenlinien Zabos sollten möglicherweise sogar Lahme wieder zu Tänzern werden lassen, am Donnerstag bei seinem Berlindebüt in der Berghain-Kantine. Also ganz unbedingt Entertainment (Rüdersdorfer Str. 70, 21 Uhr. 17 €).

Den Satz aber mit dem Unterhaltungsgebot kann man natürlich auch als Glaubensbekenntnis einer juvenilen Grundstimmung im „Rebel without a cause“-Modus lesen: Here we are now, entertain us. Deswegen wurden der Teenager und die passenden Hymnen dazu doch erfunden, riecht irgendwie nach Teen-Spirit, mit der schiefmäuligen und schlecht gelaunten Musik, die gerade deswegen einen ordentlichen Wumms hatte. So war das bei Nirvana. Irgendwann aber ist man doch aus seiner Teenagerzeit herausgewachsen und macht vielleicht Jazz. So wie der Pianist Clemens Orth, der sich tatsächlich Nirvanas „Nevermind“-Album vorgeknöpft hat, das er nun mit seinem Trio ganz ohne Bratzgitarre und ohne die schreiwütigen Texte als Besinnungsmusik interpretiert, womit er Nirvana natürlich alle Zähne aus dem morschen Maul gezogen hat. Kann man auch als eine Art der Therapie hören. Nevermind. Selbstversuch möglich am Sonntag im b-flat (Rosenthaler Str. 13, 21 Uhr, 10/8 €).

Noch mehr Erinnerungen, noch weiter zurück, als man Neues als Bruch noch auspreisen musste und die Wave eben die New Wave war. Bekommt man am Mittwoch als Dr. Jekyll und Mr. Hyde mit seinen zwei Gesichtern. Einerseits fröhlich bunt mit den B-52s und deren kieksiger, fiepsiger Party-Rock-’n’-‘Roll im Huxleys (Hasenheide 107, 20 Uhr, 44 €). Oder im gitarrenkrachenden und existenzialistisch rockenden Dunkelschwarz mit Lydia Lunch (und gut besetzter Zuspielband) im White Trash (Schönhauser Allee 6/7, 20 Uhr. 20 €).

■ Mehr Musik: LaD.I.Y.-Fest SEITE 3 Cusch:Cush SEITE 12

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