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LESERINNENBRIEFE LESERINNENBRIEFE

Nicht nur Filmkulisse

■ betr.: „Keine Box für den Aston Martin“, taz vom 13. 8. 13

Das „einzigartige Baudenkmal“ wird nicht gepflegt, „jahrelange unterlassene bauliche Unterhaltung“, und wenn es „marode“ ist, zugunsten von profitableren Wohnungen zum Abriss freigegeben? Ja, kenn ich. Ein nicht vorhandenes Schloss wird rekonstruiert (Berlin), eine Ruine aufgebaut (Dresden), ein Kulturdenkmal mit guter Bausubstanz abgerissen (Palast der Republik) – nur mal so als Spitzen der städtebaulichen Dummheit.

Ich kenne Erfahrungsberichte von Leuten, die sehr teure Auflagen bekamen, per denkmalschutzbehördlicher Vorgaben Häuser auf „Korinthenkackerei“-Ebene umzubauen (beispielsweise Brandenburg, ein Landhaus auf „zeitgenössische“ Dachkonstruktion oder in Baden-Württemberg eine Hintertür wieder rückbauen). Aber die „einzige historische Hochgarage“ zu erhalten, ist fraglich? Die brauchen wir, nicht nur als Filmkulisse! Wo ist zum Beispiel das Engagement der Viadrina in Frankfurt (Oder) (Schutz europäischer Kulturgüter)? Wo der ADAC, der doch sonst immer „automobiles Kulturgut“ propagiert, damit wir uns auch innerstädtisch an „klassischem Blech“ ergötzen können? Und wenn schon Menschen (besetzte Häuser, Mieterverdrängung, etc.) nicht so wichtig sind, um städteplanerisch einzugreifen, hier wäre mal ein Exempel statuierbar, die Rettung eines historischen Verkehrsbauwerkes zu Ungunsten unternehmerischer Gewinnmaximierung! HENDRIK FLÖTING, Berlin

Das Alte muss weichen

■ betr.: „Investoren wird der Weg bereitet“, taz.de vom 12. 8. 13

„Mehr noch muss sich aber das Land Berlin fragen lassen, was ihm der Erhalt des Denkmals und bedeutende historische Architektur überhaupt wert ist. Wie es scheint, nichts mehr!“

Richtig so! hätten die menschen in früheren zeiten denselben erhaltungswahn an den tag gelegt, wo wären wir dann heute? das alte und überlebte muss dem neuen weichen, das ist der lauf der dinge. es wäre schön wenn diese binsenweisheit mal in die amtsstuben vordränge und denkmalschutz sowie erhalt historischer architektur endlich ad acta gelegt würden. wenn man schon kritisieren will sollte man sich dabei auf den weg konzentrieren, der zu der entscheidung führt was das neue denn sein soll. der ist nämlich in weiten teilen in der tat kritikwürdig, weil oft genug am bedarf vorbeigebaut wird. MUH, taz.de

Wer schläft …

■ betr.: „Bürger wollen mitreden“, taz v. 3. 8. 13

Natürlich ist es nie wirklich falsch, auf die Deutsche Bahn einzuschlagen – die haben genug auf dem Kerbholz, da trifft es immer die Richtige.

Im konkreten Fall allerdings sollte der Knüppel zumindest ein paar Schläge auch auf die Berliner Bürokratenköpfe niedersausen lassen. Warum? Weil es natülich sehr schön klingt, wenn eine Bezirksstadträtin daherredet, dass es ein „Sündenfall ist, dass die Bahn als Staatsunternehmen alles verkauft hat, anstatt erst mal den Städten die Flächen anzubieten“. Aber als Stadträtin sollte sie wissen, dass es in Deutschland ein Vorkaufsrecht laut Paragraf 24 BauGB für die Kommune gibt. Bei jedem Grundstücksverkauf kann die Kommune dieses Recht ausüben, der Kaufvertrag kommt laut Paragraf 2 GVO erst zustande, wenn die Kommune von diesem Recht keinen Gebrauch macht. Wenn diese Kommune natürlich zwei Monate lang tief und fest und damit ihr Vorkaufsrecht verschläft, liegt der Schwarze Peter im konkreten Fall nicht bei der Bahn.

Aber in puncto Wachkoma befinden sich die Berliner in guter Gesellschaft: Die Stadt Leipzig hat den Verkauf einer Bahnimmobilie direkt neben dem (Leipziger) Hauptbahnhof auch verschlafen und lässt lautes Wehgeschrei erklingen. An besagter Stelle wird bald ein Bürohaus entstehen, die Stadt wollte die Fläche anders nutzen, Strafe muss sein, eine Bestrafung wegen Inkompetenz wird es allerdings nicht geben.

Dass es auch anders funktioniert, hat „meine“ Gemeinde Borsdorf bewiesen. Die Immobilienhaie der Bahn hatten den hiesigen Bahnhof im Rahmen eines Pakets verklingelt und mussten den Deal rückabwickeln, da sie geflissentlich den Vorkaufsrechtsanspruch ignoriert hatten. Das Zähneknirschen war weithin zu hören.

Die Moral von der Geschicht: Wer schläft, sündigt (vielleicht) nicht, aber er verpasst eine Menge. ANDRÉ DREILICH, Borsdorf

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