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Im rettenden Zeitfenster

Es gibt sie noch, die einfachen Dinge: Das intellektuelle Haldern-Festival geht auf Zelttour durch die Republik

Was die Macher des Haldern-Festivals auch tun, sie tun es mit Bedacht. Naja, jedenfalls tun sie es nie ohne eine betont intellektuelle Begründung. So auch jetzt wieder: Bevor im Sommer die 23. Ausgabe des adretten Festivals über den alten Halderner Reitplatz geht, und tausende Musikfans unweit vom Festivalgelände campen, geht das Festival selber zelten. Natürlich nicht bloß, um damit für sich zu werben. Nein, es werden wie immer hehre Ziele angesteuert. Ist doch klar.

In Köln, Heidelberg, Berlin, Leipzig, München, Dresden und Hamburg schlagen die ehemaligen Messdiener, die mit der Organisation einer Fete begannen, ihr flämisches Spiegelzelt auf. In Köln, wo die Tour Anfang Mai beginnt, würden die Besucher von der Haldern-Philosophie empfangen, einer Philosophie, die sich nach den einfachen Dingen sehne, ohne dabei rückwärts gewandt sein zu wollen, sinnieren die Macher auf ihrer Homepage. Das Haldern Pop, wie es eigentlich genannt wird, ist also gewissermaßen das Manufactum unter den deutschen Festivals. Leitspruch: Es gibt sie noch, die einfachen Dinge. Dass man damit sehr gut fährt und obendrein gute Festivals zimmert, die dennoch überschaubar bleiben, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder bewiesen.

Was die Begründung betrifft, warum man nun auf Reisen geht, heißt es, dass man ein „Zeitfenster der Aufmerksamkeit in die schnelle, bunte und laute Welt“ schlagen wolle. Und außerdem Bands von Morgen jene Peripherie geben, „die es braucht, um einzigartige Konzerte zu geben“. Und so haben die von der lauten Welt gequält wirkenden Popintellektuellen insgesamt 15 Bands eingeladen, unter anderem die fabelhaften Shout Out Louds aus Stockholm, die sich in Köln allerdings entschuldigen lassen. An zwei Tagen treten im Jugendpark acht Bands auf. Zum Beispiel die Geschichtenerzähler My Latest Novel aus Schottland oder die australischen Architecture In Helsinki, die verschiedenste Instrumente und Musikstile zu einem üppigen Oeuvre verkochen. Das wird das Zelt zuweilen wackeln lassen. Eine gefährliche Angelegenheit. Denn: Hoffentlich zerbricht dadurch nicht das Zeitfenster. ROS

5. und 6. Mai 2006, Köln, JugendparkInfos: www.haldern-pop.de

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