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„Klötze mit Schießscharten“

LAUFEN Der Ökostadtspaziergang zum Wohnen im Grünen widmet sich den Sterilitäten des Stadtwerder

Oliver Hasemann

■ ist Ingenieur für Raumplanung und Mitbegründer des „Autonomen Architektur Atelier“ (AAA).

taz: Herr Hasemann, Ihr erster „Urbaner Ökostadtspaziergang“ führt auf den Stadtwerder und trägt die Titel „Klinisch Grün“ und „Steriles Wohnen im Quadrat“. Finden Sie die dortige Bebauung misslungen?

Oliver Hasemann: Ich finde sie zumindest diskussionswürdig. Einzelne Bauten sind gelungen, andere wirken auf mich eher wie Klötze mit Schießscharten.

Senatsbaudirektor Höing lobte die von ihm mitjurierten Entwürfe seinerzeit wegen ihrer „vornehmen Zurückhaltung“ ...

Sie sehen eben aus, wie alles, was derzeit gebaut wird, auch in der Überseestadt. Es geht uns aber gar nicht in erster Linie um Architektur, sondern darum, welche Wohnformen im Grünen möglich sind – und für wen sie bezahlbar sind. In der Innenstadt, der Vorstadt und an der Peripherie.

Die Brebau als einer der Investoren auf dem Stadtwerder hat versichert, man achte auf die „soziale Mischung“. Dank der Mietwohnungen könnten „unterschiedliche Schichten“ auf dem Stadtwerder wohnen.

Auf mich wirkt das neue Quartier eher exklusiv als sozial durchmischt. Zudem stellt sich die Frage, wie die Zukunft des Stadtwerder als Naherholungsgebiet für alle Bremer aussieht.

Höing hatte erklärt, der Masterplan Stadtwerder sehe keine Ausweitung der Bebauung über die jetzt entstandenen 350 Wohneinheiten hinaus vor.

Vor hundert Jahren hätte man sich auch nicht vorstellen können, dass das Wasserwerk mit seinen großen Becken eines Tages nicht mehr gebraucht wird. Und dort stehen jetzt die Wohnhäuser. Falls also mal Kleingärten leer stehen, wird es wieder entsprechende Vorstöße geben.

Ihr Spaziergang wird vom Bauressort finanziert, dessen Stadtwerder-Politik Sie dabei kritisieren. Ist das ein Problem?

Bestimmt nicht. Wir verstehen uns als offene Diskussionsplattform über Konzepte, „im Grünen“ zu wohnen. In diesem Rahmen beschäftigen wir uns auch mit Horn-Lehe und Lilienthal. In Horn verheißt das „Mühlenquartier“ eine ländliche Idylle direkt an der Autobahn, im Ökodorf Lilienthal geht es um die Frage, ob das Leben auf dem Land nicht unweigerlich einen Rattenschwanz an Straßen und Autofahrten nach sich zieht.

Interview: HENNING BLEYL

Sonntag 14 Uhr, ab Haltestelle Kaisen-Brücke, in Zusammenarbeit mit „Ökostadt Bremen“

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